Freitag, 20. März 2015

Frankfurt am Main – eine Stadt steht still (18.03.2015)

EZB, Demokratie, Währung, Demonstration, Chaoten, Gewalt  -  so u.ä, könnten die Tags lauten.

Mittwoch, 18. März 2015. Offizielle Eröffnung der EZB. Ein gefundenes Fressen für Blockupy und die Linke, die eine Demonstration angemeldet hat.  Schon seit Samstag hat sich Frankfurt  - hat sich die Frankfurter Polizei -  vorbereitet. Absperrungen um die EZB, Polizei nördlich und südlich vom Main. Eine Durchfahrtssperre für die Sonnemannstraße, eine der Haupteinfallstraßen nach Frankfurt. Hier liegt die VHS – die Kurse für Mittwoch wurden abgesagt. Schulen im Ostend haben in weiser Voraussicht die Abiturarbeiten (Mathematik) in einen anderen Stadtteil verlegt.

Mittwoch, kurz nach fünf Uhr. Die ersten Demonstranten erscheinen.  Sie wollen in die Sonnemannstraße Richtung EZB. Zögerlich. Die Polizei steht da, sie machen einen Schwenker und gehen in den Anlagenring. Ich komme gut durch um ins Büro zu gehen. 5.40 Uhr, südlich vom Main, direkt gegenüber. Auf dem Walter-von-Cronberg-Platz sammeln sich Demonstranten. Ca. 50 sind schon da. Irgendwann später am Vormittag baut die GEW auf dem Platz einen Infostand auf; er wird gegen Mittag abgebaut. Keiner interessiert sich hier für die Gewerkschaft.

Kurz nach sieben Uhr. Demonstranten gehen auf ein direkt an der Sonnemannstraße  (Ecke Flößerbrücke) belegenes Baugrundstück. Die Polizei bleibt tatenlos. Ebenso, als auf der Straße ein Feuer entzündet wird. Auch als Müllcontainer über geparkte Fahrzeuge von Anwohnern gehievt werden, die dadurch beschädigt werden, Und erst als von der Baustelle nach das Bauholz in das Feuer und eine Dixie-Toilette in das Feuer geworfen war, wird die Polizei aktiv. Die erste Auseinandersetzung, ca. 300m von der EZB entfernt.

Der Berufsverkehr kommt zum Erliegen. Die BAB A 661 wird im Abschnitt Kaiserlei / Ratswegkreisel gesperrt. Die Zufahrt über die Gerbermühlstraße ist dicht. Alles steht.

Die Schulen im Ostend schicken die Schüler nach Hause. Die sich ausbreitende Eskalation erscheint den Lehrerlkollegien zu  gefährlich.
Flößerbrücke
Flößerbrücke
Die Polzei wird im Bereich Sonnemannstraße / Flößerbrücke übertölpelt. Sie hat die Lage nicht im Griff. Natürlich, es handelt sich um eine bewohnte Gegend; für die Anwohner kann keine Ausgangssperre verhangen werden. Und wer ist Anwohner, Besucher, Kunde eines Geschäfts und wer Demonstrant / Randalierer ? Als sie erkennt, dass die Flößerbrücke von den sogen. Demonstranten als Rückzug wie auch für Nachschub genutzt wird, besetzt sie kurzerhand mit Polizeifahrzeugen die Brücke. Es kehrt nun in diesem Bereich etwas Ruhe ein. Das Pendeln zwischen Sachsenhausen und Ostend wird erschwert.

Die Schulen im Ostend schicken die Schüler nach Hause. Die sich ausbreitende Eskalation erscheint den Lehrerlkollegien zu  gefährlich. Viele Arbeitnehmer sind nicht gekommen, viele haben einen Tag Urlaub genommen. Der ansonsten dicht gefüllte Parkplatz vom Stadtbauamt ist fast leer. 

Bereich Oosten
Bereich Oosten
Hauptschauplätze der Krawalle waren der Bereich nördliches Ende der Flößerbrücke und Ostbahnhof. Distanz ca. 850m. Die EZB, von der Flößerbrücke ca. 650m entfernt, liegt direkt im Bereich Ostbahnhof (Danziger Platz). Der Bereich EZB ist hermetisch, auch mit sogen. Nato-Draht, abgeschirmt. Zwischen EZB-Gelände und Main, das Oosten, ein Lokal. Geschlossen. Dort Ansammlungen von Einsatzfahrzeugen: Krankenwagen, THW, Polizei.

Gerbermühlstraße: Autoverkehrsfrei
Mittag. Die Gerbermühstraße ist leer. Wie ein autofreier Sonntag. Keine Fahrzeuge. Eine Zufahrt zu dem Bereich Sachsenhausens am Main ist nicht mehr möglich. Auf der Flößerbrücke Polizeiwagen, dicht. Auf der nördlichen Seite ist auch alles abgeriegelt. Wer ernsthaft in die Innenstadt will, muss zu Fuß gehen.

Es erfolgt durch die Organisatoren der Aufruf, die Teilnehmer mögen sich ausruhen. Um 17.00 Uhr ginge es weiter. 

Zigarettenpause vor dem Bürogebäude an der Gerbermühlstraße. Man unterhält sich, steht dabei auf der Straße.

Mandanten. Fehlanzeige. Anrufe, man komme nicht rein. Neue Termine müssen vereinbart werden. Es heißt, die Post würde nicht ausgetragen. Doch sie kam. Immerhin, so musste nicht alles liegen bleiben, musste nicht alles auf den nächsten Tag verschoben werden und mit zusätzlicher Kraft bearbeitet werden.

Der Liveticker im PC arbeitete. Informationen über den jeweiligen Stand. Später Nachmittag. Noch einmal Demonstrationszüge, Richtung Alte Oper. Abschlusskundgebung. Die Polizei twittert, aus einem roten Bully würden Kampfwesten ausgegeben. Kaum noch Störmeldungen. Der Initiator Ulrich Wilken (Die Linke, Vizepräsident des Hess. Landtags) h+#lt die Abschlussrede. Er dank allen (sic.) Teilnehmern. Im Anschluss wieder Feuer, Bengalo.

Es kehrt tatsächlich Ruhe ein. Nachts noch einige Krawalle in Bockenheim in der Leipziger Straße.

Und das Résumé ?

Aspjaltschaden durch Feuer: Sonnemannstraße
Über 220 Verletzte, meist leicht. Über 40 zerstörte Fahrzeuge, darunter Polizeiwagen wie auch Privatfahrzeuge (anzumerken ist, dass die ersten Fahrzeuge bereits in der Nacht von anreisenden "Demonstranten" beschädigt worden sein sollen).  Zerbrochene Scheiben an Häusern, Schmierereien an Häuserwänden, zerstörte Haltestellen. Durch Feuer beschädigter Straßenbelag. Sachschaden über € 1 Mio. Ein Großteil hat der am Vorgang nicht beteiligte Bürger direkt zu zahlen (so, wenn sein Fahrzeug und/oder sein Haus beschädigt wurde).  Aber er zahlt ohnehin, und sei es über die Steuer.

Objektive Daten.

Ein Polizist wurde durch Steine schwer verletzt. Wurfgeschosse. Mehrere Polizisten kamen nur knapp ohne Verletzungen aus ihrem Streifenwagen, auf den Brandzünder geworfen wurden; billigend wurde auch deren Tot in Kauf genommen. Feuerwehrleute wurden durch Wurfgeschosse im Einsatz verletzt.
Verbrannte Baustelleneinrichtung

Objektive Fakten.

Einer von den Organisatoren warf der Polizei vor, sie habe ein Bürgerkriegsszenario aufgebaut. Wirklich ?

-      Die Polizei hielt sich zurück.
-     Die Polizei hat länger zugesehen, wie     Brände gelegt, wie Fahrzeuge pp. beschädigt wurden.
- Die Polizei hat stets vor Einsatz der Wasserwerfer (die zudem zum Löschen der Brände eingesetzt wurden) mehrfach den Einsatz angekündigt.

Die (sogen.) Demonstranten haben Reizgas versprüht. Sie haben mit Krallen und großen Steinen nach den die Polizisten geschmissen. Die Feuerwehr wurde bei ihren Einsätzen behindert. 

Bürgerkriegsszenario ? Kurz nach fünf Uhr. Die Chaoten sammelten sich und begannen. Gezielt. Abgestimmt. Sie wussten, welche Straßen sie gehen konnten, wie sie hinter eine Polizeistaffel gelangt. Einfach so tun, als sei man harmloser Anwohner….

Die Meinungsfreiheit und damit das Demonstrationsrecht sind sicherlich zwingende Standsäulen der demokratischen Gesellschaft. Jene, die am 18.03.2015 in Frankfurt „demonstrierend“ am Werk waren, können dieses Recht nicht für sich in Anspruch nehmen. Es mag sein, dass die gewalttätigen linken Chaoten, die sogen. Berufsdemonstranten (man denke an die wenigen Gegendemonstranten in Leipzig und Dresden am 16.03.2015; diese waren bereits in Frankfurt) nur einige hundert Teilnehmer zählten, eventuell die Mehrheit friedlich demonstrieren wollte. Aber diese „friedlichen“ haben letztlich die gewaltbereiten Personen unterstützt, mitgemacht. Es gab keine Absonderung bei Diebstahl fremden Eigentums, bei Beschädigungen, Feuern pp. Dann aber können sie auch nicht für sich ein recht zur Demonstration reklamieren.

Und schon gar nicht können dies die Initiatoren. Ein Wilken hat sich in Kenntnis der (auch gefährlichen) Gewalttätigkeiten nicht nur nicht insoweit distanziert, er hat sich bei allen bedankt, auch bei den Gewalttätern. In einem Interview im HR am Donnerstag hat er es sogar gerechtfertigt. Er ist Vizepräsident des Hessischen Landtags. Eine solche Person, die die Plattform einer Demokratie verlassen hat, gehört nicht in ein solches Amt. Und eine Partei wie die Linke, die auf Bundesebene es auch ausdrücklich ablehnte sich von den Gewalttaten zu distanzieren,  kann ebenfalls für sich nicht in Anspruch nehmen, diese Demokratie verteidigen zu wollen. Weder Wilken noch seine Partei die Linke vertreten tatsächlich die Bevölkerung; es scheint ihnen vielmehr Spaß zu machen, mit Hilfe von Chaoten / Straftätern die Bevölkerung direkt und indirekt zu schädigen. Eine Einstellung die tief blicken lässt.

Ich kritisiere auch das Verhalten der Polizei. Die Zurückhaltung, sogen. Deeskalation, führt nicht zu weniger Gewalt, führte hier sicherlich auch zu mehr Schäden an öffentlichen und privaten Eigentum. Andererseits hat das Verhalten aber ganz deutlich gemacht, dass jedenfalls keine Provokation von der Polizei ausging, sondern die sogen. Demonstranten  straffällig wurden und von ihnen Gewalt und Zerstörung ausging. Bewusst. Und billigend auch den Tot von Menschen in Kauf nehmend.

Es ist zu hoffen, dass die Anstiftung bzw. Teilnahme der Initiatoren der Veranstaltung an den Gewaltsamkeiten geprüft wird und, sollten sich dafür Anzeichen finden, dies strafrechtlich geahndet wird. 

Sonntag, 8. März 2015

Juncker: Gesamteuropäische Haushaltsgewalt – tatsächlich (noch) eine Lösung ?

Jean-Claude Juncker greift in einem recht ungünstigen Zeitpunkt die Forderung auf, die von den Euro-Skeptikern bei deren Einführung als notwendige Grundlage für eine gemeinsame Währung gesehen wurde: Die Haushaltsgewalt, sprich ein gesamteuropäisches Finanzministerium. Die Skeptiker hatten damals zutreffend argumentiert, ohne eine gesamteuropäische Finanz- und Wirtschaftspolitik hat der Euro keine Zukunftsaussicht.

Was die Skeptiker damals befürchteten und ihnen als unbegründete Schwarzmalerei vorgeworfen wurde, hat sich zwischenzeitlich verwirklicht. Nicht nur Griechenland, auch andere Staaten wie Portugal und Spanien, aber auch Italien und Frankreich stehen unter schweren Druck und können ihre Haushaltslasten nicht mehr oder fast nicht mehr bewältigen. Ursächlich ist der Gesamtrahmen: Wenn das Bruttosozialprodukt niedriger liegt als die Ausgaben (wie z.B. im Fall von Griechenland), liegt eine Überschuldung vor, die sich ohne gravierende Eingriffe in die Finanz- und Wirtschaftspolitik nicht beseitigen lässt. Dass es soweit kommt, liegt an der Handlung der verantwortlichen Parlamente und Regierungen. Wer über seinen Verhältnissen lebt, muss eben damit rechnen, dass er nicht mehr als kreditwürdig angesehen wird. Hilfsmaßnahmen von außen sind letztlich auch keine Lösung, solange nicht im Inneren eine Bereinigung des ungesunden Zustandes herbeigeführt wird.

Wenn Juncker also nunmehr für eine europäische Haushaltsgewalt plädiert, hat er aus (nicht notwendigen, da vorhersehbaren) Lehren gelernt. Um allerdings das nachzuholen, was zur Zeit der Einführung des Euro verabsäumt wurde, bedarf es einer grundlegenden Änderung (Ergänzung) der Staatsverträge, die den EU-Verbund und den Euro betreffen. Es bedeutet, wie Juncker weiß, einen Eingriff in nationale Hoheiten. Ob er für seine Idee eine Mehrheit findet, muss fraglich erscheinen.

Zwar werden ihm Experten sicherlich Recht geben. Sie werden letztlich auch fordern, dass (notwendig) auch die Wirtschaftspolitik auf die EU verlagert wird. Letztlich muss sich die EU zu einem Staatenbund entwickeln, ähnlich den USA. Aber wie soll dies bei der derzeitigen Situation geschehen ?

Man wird wohl nicht davon ausgehen können, dass Länder wie Griechenland in der jetzigen Situation ihre Souveränität zu Gunsten der EU aufgeben werden. Letztlich machte und macht die neue griechische Regierung doch bereits deutlich, dass sie eine Bevormundung, wie sie im Zusammenhang mit den Schuldenmoratorien erfolgt, ablehnt. Sie will Gelder der EU und selbst weiter über ihren Haushalt befinden können (ohne allerdings hier entscheidende Schritte zur wirtschaftlichen Stabilität zu unternehmen).  Die Aufgabe der Haushaltssouveränität würde gleichzeitig dazu führen, dass von Brüssel aus die haushaltstechnischen Maßnahmen vollzogen werden, deren sich derzeit die griechische Regierung unter Beanspruchung ihrer Souveränität erwehrt.

Aber auch wenn man das Blickfeld nicht auf die Frage der Interessen einzelner Staaten der EU lenkt, gibt es doch Vorbehalte gegen eine entsprechende Regelung. Man denke an die Staatsverträge zur Europäischen Zentralbank. Danach ist dieser eine direkte oder indirekte Staatsfinanzierung untersagt. Aber gerade durch die jetzt anlaufende Maßnahme des Ankaufs von Staatsanleihen erfolgt diese Staatsfinanzierung. Denn der Ankauf letztlich wertloser Anleihen erfolgt zum Ausgabepreis und führt den Staaten wieder Liquidität zu. Von daher ist auch verständlich, dass sich die EZB gegenüber Griechenland, welches in Bezug auf eine Haushaltsanierung nicht kooperieren will, sondern sogar weiter Anleihen auflegen will, die ihre Banken dann direkt an die EZB verkaufen, abwehrend verhält mit der Begründung, dieser Ankauf wäre  illegal (wobei wohl nicht nur dieser Ankauf illegal wäre).

Wird aber in der faktischen Umsetzung der Staatsverträge letztlich der Inhalt derselben nicht eingehalten, kann kein Vertrauen auf eine rechtsstaatliche Haushaltsführung aufkommen. Aber nicht nur die rechtsstaatliche Umsetzung gibt zu bedenken Anlass, auch die politische Praxis. Italienische und spanische Politiker sehen die Haushalts- und Wirtschaftsführung eines Landes z.B. völlig anders als z.B. ein deutscher Politiker. Während in Deutschland die Konsolidierung Vorrang hat, die hohen Steuern und Abgaben letztlich der Sicherung der Finanz- und Wirtschaftspolitik dienen, wird dies gerade in südeuropäischen Ländern gerne anders gesehen. So lebten die Italiener mit ihrer Lira gut, solange dies über eine kräftige Abwertung  finanziert wurde. Eine Maßnahme, die wegen des Euro so nicht mehr funktionieren kann, da die Preissteigerungen in Italien nicht mehr über eine Währungsabwertung aufgefangen werden können und mithin sich die inländischen Produkte derart verteuern, dass ausländische Produkte aus anderen EU-Ländern (wie Deutschland) am Markt besser angenommen werden könne. Deutschland hat sicherlich durch den Euro im Hinblick auf den Export in andere EU-Länder gewonnen, da hier die Inflation dank der Wirtschafts- und Finanzpolitik niedrig gehalten wurde.

Wie aber, wenn in der EU eine Mehrheit aus Ländern das sagen hat, die gerade mit der Mentalität der Abwertung ihre politischen Ziele (oder anders ausgedrückt: ihre Wählerstimmen) erreichen wollen ? Das würde auch Deutschland mit in das wirtschaftliche Chaos zerren, ohne dass es sich (noch) dem entziehen könnte.


Junckers Idee ist mithin alt. Sie hätte bei Einführung des Euro bereits bedacht werden können und müssen. Die Zeit hat aber gezeigt, dass eine derartige Maßnahme bei der Unvernunft im politischen Umfeld nicht eine akzeptable Lösung sein kann. Die EU ist auf tönernen Füßen errichtet worden. Und ein Zusammenwachsen lässt sich nicht erzwingen. Solange nationale Interessen, die nicht von einer gesunden Haushalts- und Wirtschaftspolitik geprägt sind, den Vorrang haben, ist eine gemeinschaftliche Haushaltspolitik eine Gefährdung wirtschaftlicher Stabilität.