Mittwoch, 20. März 2013

Die Lust am Widerspruch im Falle des Frankfurter Flughafens

oder:Weshalb bekämpfe ich heute, was ich morgen will  ?
 
 
Mal ehrlich: Wollten Sie nicht auch schon einmal etwas, was sie  - nachdem Sie es erreicht hatten -  keinesfalls mehr wollten, ja sogar eine Umkehrung herbei sehnten ? Dies scheint ein allgemeines Verlangen zu sein, welches fatale Folgen insbesondere im politischen Bereich hat. Aus einem „Ami - go home !“ wurden Proteste gegen den Rückzug der amerikanischen Soldaten aus bestimmten (gar strukturarmen) Gebieten. Und was wird aus einem Ruf nach einem (Nacht-) Flugverbot, nach einer Einschränkung der Starts und Landungen auf Frankfurt/Main ? Es kann als sicher vorhergesagt werden, dass im Falle einer Verwirklichung sich dagegen die Proteste ebenfalls richten.

Einige werden sich noch erinnern. Der Ruf „Ami – go home !“, bzw. leicht abgewandelt „Yankee – go home!“ war ein in europäischen und östlichen Ländern verbreitetes Schlagwort, welches zunächst in 1950 von den Kommunistischen Parteien [1], in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts von der sogen. Außerparlamentarischen Opposition als Reaktion auf den Vietnam-Krieg [2] und auch noch in der Zeit der Friedensbewegung in den 70er Jahren aktuell blieb [3]. Ziel war der Abzug der amerikanischen Streitkräfte aus (West-) Deutschland. Der dann tatsächlich eingeleitete Truppenabbau [4] stieß dann aber nicht auf den zu erwartenden Jubel. War das „Ami – go home !“ ohne Gegenoffensive geblieben, wurde der Ruf zum Verbleiben in Deutschland immer lauter, um näher der Tag des Abzugs kam und umso mehr Streitkräfte abgezogen wurden. Plötzlich wurde den Regionen die Wirtschaftskraft von Standorten bewusst, klar, dass mit den Soldaten die jeweilige Region lebte und verdiente. Truppenabzug bedeutet auch Stellenabbau in Deutschland. Nicht nur betroffen ist deutsches Personal bei den stationierten ausländischen Truppen, betroffen sind auch die jedenfalls regionalen Wirtschaftsbetriebe, die im Hinblick auf den Umsatzrückgang Personal abbauen müssen. Und dieser Zustand des Abkommens vom Ruf „Ami – go home !“ hält bis heute an[5].

Was aber für ausländische Truppen gilt, gilt letztlich auch für die eigenen deutschen Streitkräfte. Wurde die Wiedereinführung einer Wehrmacht  in Deutschland 1955 stark kritisiert, insbesondere aus dem linken Lager, wurde auch die langsame Auflösung derselben und damit das Schließen von Standorten jeweils mit Enttäuschung und Protesten versehen [6] .

Es ist wohl die Ironie des Schicksals, dass sich alles wiederholen muss, wenn auch auf verschiedenen Ebenen bzw. in verschiedenen Bereichen. Thema ist der Frankfurter Flughafen. Seit der Eröffnung der neuen Landebahn anhaltende Proteste. Diese haben in einem Gerichtsverfahren zu einem teilweisen Sieg der Ausbaugegner im Hinblick auf ein Nachtflugverbot geführt. Aber die Ausbaugegner, die sich lautstark immer wieder melden, wollen mehr. Letztlich eine Einstellung des Flugbetriebs. Und selbst wenn es nur die Reduzierung des Flugverkehrs im wesentlichen Umfang sein sollte, würde dies auch ein Aus für den Flughafen Frankfurt bedeuten. Die Ausbaugegner sind teilweise Mitläufer aus Deutschland, immer dabei und bei Protesten zur Stelle. Teilweise vom Fluglärm betroffene Bürger, die im wesentlichen in Kenntnis des Flughafens und der Ausweitung sowie Lärmentwicklung in den  betroffenen Bereichen bauten. Und es sind Kommunen (sprich ihre organschaftlichen politischen Vertreter) der Region, die den Wahleffekt einer Gegnerschaft sehen.

Sicherlich: Sachliche Argumente gegen den Flugbetrieb sind Lärmentwicklung und Schadstoffausstoß. Dies nun zunächst unabhängig davon, dass die meisten Betroffenen in den Problemzonen bauten oder dort hinzogen,  als die Entwicklung und Problematik bereits bekannt war. Aber dafür  waren auch die Preise dort für die Region insgesamt noch relativ niedrig.

Auf der anderen Seite ist die erhebliche wirtschaftliche Kraft des Flughafens zu berücksichtigen. Dies kommt ebenso wenig bei der Diskussion um den Flugbetrieb zum Ausdruck wie der Umstand, dass die meisten Betroffenen in Kenntnis der Umstände und im Hinblick auf die dortigen Preise hingezogen sind.

Das Frachtaufkommen auf dem Flugplatz hat von 3.652 t in 1950 auf über 2 Mio. t in 2012 zugenommen, das Fluggastaufkommen von 195.330 auf über 57.000 [7]. Das hat natürlich Einfluss auf den Stellenmarkt, handelt es sich doch bei dem Flughafen Frankfurt auch um ein sogen. Internationales Drehkreuz [8]. Über 71.000 Personen sind direkt am und im Flughafen tätig [9]. Damit ist der Flughafen ein Jobmotor in der Region [10].  Zu diesen Arbeitsplätzen direkt am Flughafen kommen Arbeitsplätze im Umfeld, bei Zulieferern, Speditionen pp.

Zwar wird kritisiert, der Flughafen würde nicht die zugesagten Beschäftigungszahlen bringen [11]. Aber die Betrachtung muss umgekehrt angestellt werden, da die Schaffung von Arbeitsplätzen nicht nur illusionäre Zukunftsmusik ist, sondern die Arbeitsplätze real bestehen. Mit der Einschränkung des Flugbetriebes sind diese Arbeitsplätze in Gefahr. Denn die Einschränkung des Flugbetriebes ist gleichbedeutend mit weniger Umschlag, weniger Passagieraufkommen. Dies bedingt, dass weniger Mitarbeiter benötigt werden, die Infrastruktur nicht mehr ausgelastet ist…

Also wieder das Katergefühl nach einer durchzechten Nacht: „Ami – go home !“ war als politisches Spektakel einer nicht die Folgen bedenkenden Bewegung wahr geworden und weckte nun Katergefühle. Nicht mewhr „Ami – go home !“ war gewünscht, sondern „Ami  - stand by me“.  Und der Flughafen Frankfurt ? Wird wahr was mit der Protestbewegung gewollt ist, ist auch hier im Ergebnis Katerstimmung angesagt. Dabei muss sich die Region bewusst sein, dass der Flughafen nicht nur selbst eine Arbeitsmaschine ist, sondern die Anziehungskraft des nahen Flughafens hier auch die zentrale Stellung der Stadt und der Region fördert.  All dies soll aufgegeben werden ?

Der Flughafen bietet betroffenen Eigentümern den Kauf deren Häuser an . Das wird meistens abgelehnt. Man erhofft sich höhere Preise für den Fall, dass der Flughafen einen provinzialen Charakter erhält. Richtig ist dann sicherlich, dass Lärm- und Emissionen nachlassen würden. Aber der Wert der Grundstücke würde nicht steigen sondern fallen, da die Region nicht mehr gefragt ist, in anderen Regionen eine Arbeit gesucht werden muss.

Ich wohne und arbeite in Frankfurt. Auch wenn ich nicht direkt in dem stark betroffenen Bereich der Flugschneisen wohne, sind doch die Flugzeuge deutlich zu hören. Aber ich wohne hier, da ich hier arbeite. Und auf Grund der Bevölkerung und angesiedelten Betriebe kann ich hier arbeiten. Indirekt bin damit auch ich vom einer „Jobmaschine“ Flughafen mit abhängig. Warum sollte ich also den Ast absägen, auf dem ich sitze ?  




Donnerstag, 14. März 2013

Franziskus I - Reformer, Bewahrer oder ein sanfter Übergang ?



Franziskus I., aus:
http://de.wikipedia.org/wiki/Franziskus_I.
Kaum gewählt, schon geschmäht.  So muss man annehmen, liest man die Artikel am Tag nach der Entscheidung des Konklave.  Nach den ersten positiven Reaktionen direkt nach der Wahl, die sich allerdings durch Überraschung ob des „Siegers“ auszeichneten (obwohl doch der Gewählte vor acht Jahren neben Ratzinger die meisten Stimmen erhielt), schlug über Nacht das Bild um.
1. Zeit Online fragt, wie links der neue Papst sei [1]. Im letzte Satz heißt es: „Und der neue Papst mit seinem einfachen Lebensstil, der den Menschen zugetan sein soll, inszeniert sich nun als Befreiungstheologe, ohne Befreiungstheologe zu sein.“
Die Süddeutsche Zeitung titelt „ Bergoglio und Argentiniens dunkle Jahre“ [2] ; er habe nicht dafür gesorgt, dass zwei Jesuiten aus seiner Gemeinde aus dem Militärgefängnis entlassen werden.
Die Welt [3] weist darauf hin, dass der neue Papst als Jesuit einem „Orden von Elitechristen“ angehört und benennt auch die Verwunderung über seine Annahme der Wahl, da doch nach Ignatius von Loyola [4] sich deren Mitglieder zu Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam  - vor allem gegenüber dem Papst -  verpflichten und keine Würden anzunehmen [5].
2. Dass Bergoglio ein schweres Erbe angetreten hat, dürfte wohl ohne weiteres auf der Hand liegen. Spiegel Online [6] nennt einige der „Baustellen“, die er antrifft:
-  Vatileaks; hier geht es um Geheimnisverrat, Intrigen im Vatikan pp.
-  Korruption und Verstrickungen in und um die Vatikanbank IOR
- Missbrauchsskandale
- Sexualmoral (so insbes. Empfängnisverhütung, gleichgeschlechtliche Ehe)
- Reform der Kurie
- Umgang mit der Piusbruderschaft 


Franz von Assisi, aus:
 http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_von_Assisi
3. Als Jesuit knüpft Bergoglio an die Franziskaner, begründet von Franz von Assisi [7], an. Darauf deutet seine Namensgebung mit Franziskus I. Man wird in der Namensgebung wohl einen Hinweis auf die Programmatik seines Pontifikats sehen dürfen.
Das Armutsgelübde [8] ist sicherlich eine prägende Aussage.  Sie charakterisiert auch die bisherige Tätigkeit von Bergoglio. Es ist ein Rückbesinnen auf das Wesentliche. In einer Kurzbiographie von Radio Vatikan heißt es u.a.: „Bergoglio gilt als ökologisch, bescheiden und volksnah und ist auch als „Kardinal der Armen“ bekannt.“ [9]
Er gilt als konservativ und hat sich in Argentinien gegen die gleichgeschlechtliche Ehe ausgesprochen, die er als zerstörerischen Angriff gegen Gottes Plan ansieht [10].
4. Kann Bergoglio den Erwartungen gerecht werden ? Kann er Reformen der katholischen Kirche durchführen, die als dringend angesehen werden ? Kann er die Probleme lösen, die genannt werden (vgl. oben zu 2.) ?
Sicherlich wird man Skeptikern nicht ohne weiteres die Skepsis absprechen können. Es ist nicht ersichtlich, dass sich Bergoglio in der Vergangenheit als Reformer hervorgetan hätte.  
Die Frage ist nur, ob er unbedingt ein radikaler Reformer sein muss. Natürlich gibt es gesellschaftliche Fragen, die sich die katholische Kirche stellen muss. Das trifft nicht nur für die gleichgeschlechtliche Ehe zu, auch für das Zölibat, den Zugang von Frauen zum Priesteramt, Empfängnisverhütung pp. Aber kann ernsthaft erwartet werden, dass eine mit starken Wurzeln versehene Institution wie die katholische Kirche quasi über Nacht ihre gesamten bisherigen Dogmen über Bord wirft ? Würde dies nicht sogar eine Selbstaufgabe darstellen, die Neubildung der Kirche mit der Gefahr einer (nach der Reformation zwischen 1517 und 1648) Spaltung der katholischen Kirche ?
Der Terminus Reform ist bereits als solcher verfehlt. Wird nicht heute alles Reform genannt, unabhängig davon, ob es positiv oder gar negativ wirkt (man vergleiche nur die ständigen Steuerreformen, die statt zu einer Vereinfachung des Steuerrechts immer weiter in einen undurchsichtigen Dschungel führen) ? Änderung ist sicherlich auch für die katholische Kirche angezeigt. Der Weg, die Art und Weise der Änderung ist aber entscheidend.
Überhastige Änderungen, mögen sie auch politisch und gesellschaftlich nicht nur opportun, sondern überfällig sein, könnten der katholischen Kirche schaden, da dies zu einer inneren Zerreißprobe werden könnte. Änderungen innerhalb der Kirche sind zwar auch für die katholische Kirche sicherlich angezeigt, bedürfen aber einer ruhigen Hand und auch im Hinblick auf Widersacher Überzeugungsarbeit. Vor diesem Hintergrund kann sich die katholische Kirche keinen reformwütigen Papst leisten, der mögliche negative Konsequenzen für die Kirche nicht bedenkt und abfedern kann.
5. Die katholische Kirche hat  - wie die christlichen Kirchen allgemein -  mit der Anzahl der Kirchenaustritte zu kämpfen. Sie hat auch mit ihrer eigenen Glaubwürdigkeit zu kämpfen, wie die Missbrauchsfälle und Verstrickungen in Skandale belegen. Bergoglio hat mithin ein weites Feld, welches intensiv zu bearbeiten ist. Er muss dafür sorgen, die Glaubwürdigkeit der Kirche wiederherzustellen. Erreicht er dies in seinem Pontifikat, hat er der katholischen Kirche als führender christlicher Gemeinschaft schon sehr geholfen. Die gesellschaftliche Öffnung ist zwar wünschenswert, ebenso das Überdenken traditioneller Vorstellungen zu Familie einschl. Empfängnisverhütung, ist aber nicht notwendiger Anknüpfungspunkt für die vorrangig zu betreibende Wiederherstellung eigener Glaubhaftigkeit.
Man wird sehen, ob sich der Jesuit und ausgebildete Chemietechniker, Studienabschluss in Philospie, Professor für Theologie, Literatur und Psychologie  Bergoglio als Franziskus I.  entsprechend den Regeln des Franz von Assisi auf das Wesentliche besinnt und dies in Angriff nimmt. Die Ausbildung, seine bisherige Tätigkeit in Argentinien und seine gewählte Namensgebung lassen hoffen.


[4] 1491 – 1556, Begründer des Ordens der Jesuiten („Gesellschaft Jesu“)
[5] Bezeichnend daher wohl auch der Umstand, dass sich Bergoglio bei seiner ersten Rede vom Balkon des Peterdoms am Abend seiner Wahl als Bischof bezeichnete, ebenso wie seinen Vorgänger Benedikt XVI
[7] 1181/1182 – 122, Begründer des Ordens der Minderen Brüder (Franziskaner)
[8] Dem 1517 abgespalteten Orden der Konventualen oder Minoriten ist zumindest gemeinschaftlicher Besitz erlaubt

Donnerstag, 7. März 2013

AGB-Aufweichung geplant - eine Gefahr für kleine und mittelständiische Unternehmen

Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305ff BGB) soll geändert werden (vgl. auch http://www.frankfurt-main.ihk.de/recht/themen/vertragsrecht/agb_recht_initiative/gesetzgebungsvorschlaege/index.html; die IHK unterstützt die Gesetzesänderung ohne Rücksicht auf die Interessen der Masse ihrer Mitglieder). Dies insbesondere im Hinblick auf die Anwendbarkeit zwischen Unternehmern (§ 14 BGB, abzugrenzen vom sogen. [End-] Verbraucher, § 13 BGB). Damit soll die Möglichkeit geschaffen werden, Einschränkungen, die das AGB-Recht hervorruft, aufzuheben. Folge ist, dass marktstarke Unternehmen im Geschäft mit Unternehmen nicht mehr der AGB-Kontrolle unterfallen würden. Eine Anzahl von Verbänden haben sich aus guten Gründen dagegen ausgesprochen. In ihrer gemeinsamen Erklärung heißt es:
 
 


"Das deutsche AGB-Recht hat sich bewährt – auch im Verhältnis zwischen Unternehmern.
Dennoch wird von interessierter Seite vorgeschlagen, das deutsche AGB-Recht zwischen Unternehmern „aufzuweichen“. Dazu sehen wir aus folgenden Gründen keinen Anlass:
Das deutsche AGB-Recht lässt die Vertragsfreiheit unangetastet, da die Vertragspartner jeden gesetzlich zulässigen Inhalt individuell vereinbaren können. Vielmehr hilft das geltende AGB-Recht, einseitige unangemessene Risikoverlagerungen zu Lasten wirtschaftlich unterlegener Vertragspartner zu verhindern. Andernfalls hätten solche Unternehmer nur die Wahl,
einen Vertrag zu den vom wirtschaftlich überlegenen Unternehmer vorgegebenen Bedingungen zu schließen oder auf einen Vertragsschluss zu verzichten. Soweit gegenüber Verbrauchern strenge AGB-rechtliche Schranken gelten, müssen diese auch im Verhältnis zwischen Unternehmern gelten. Anderenfalls geriete der letzte – und möglicherweise wirtschaftlich schwächste – Unternehmer der Leistungskette in eine „Haftungsfalle“, aus der er sich gegenüber wirtschaftlich überlegenen Unternehmern nicht
befreien könnte. Die §§ 308 und 309 BGB als Indiz auf Verträge zwischen Unternehmern anzuwenden, sorgt für Transparenz und vermeidet „Haftungsfallen“. Das deutsche AGB-Recht hat nicht zuletzt durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts mittlerweile eine Transparenz, Ausgewogenheit und Rechtssicherheit erreicht, wie sie kaum eine andere Rechtsordnung bietet. Von diesen Vorteilen profitieren alle Marktteilnehmer.
Für AGB-Verwender und deren Vertragspartner ist auch aufgrund langjähriger Rechtsprechung mit großer Sicherheit vorhersehbar, inwiefern Allgemeine Geschäftsbedingungen einer richterlichen Kontrolle standhalten.
Keine praxistaugliche Alternative bietet der Vorschlag eines „Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts“, den die EU-Kommission im Oktober 2011 vorgelegt hat. Der Ansatz, AGB für unzulässig zu erklären, deren „Verwendung unter Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben
und des redlichen Geschäftsverkehrs gröblich von der guten Handelspraxis abweicht“ (Artikel 86) würde einen Rückschritt hin zur Generalklausel bedeuten, die sowohl national als auch auf Europaebene durch die AGB-Rechtsetzung längst überwunden ist.
Eine Regelung wie Artikel 86 schafft nur Rechtsunsicherheit und schließt eine wirksame AGB-Kontrolle aus. Durch die Aneinanderreihung mehrerer unbestimmter Rechtsbegriffe hätten weder Unternehmer noch Gerichte auf absehbare Zeit einen praktikablen Maßstab, an dem sich wirtschaftlich relevante Vorgänge verlässlich orientieren könnten. Unausweichliche
Folge wäre ein Flickenteppich unterschiedlichster Einzelfallentscheidungen, die im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit weder AGB-Verwendern noch deren Vertragspartnern nützen. Zugleich entstünde die Gefahr von „Haftungsfallen“ für Unternehmer, die Verträge mit Verbrauchern schließen, da hier eine deutlich strengere AGB-Kontrolle vorgesehen
ist (Artikel 84 und 85).
Aus den genannten Gründen sehen wir keinen Anlass, das AGB-Recht zu ändern. Es ist transparent, sichert ausgewogene Vertragsverhältnisse und vermeidet „Haftungsfallen“ vor allem für wirtschaftlich unterlegene Unternehmer. Diese Rechtsklarheit und Rechtssicherheit sowie der damit verbundene Schutz wirtschaftlich unterlegener Unternehmer sollte nicht ohne Not aufgegeben werden."

Diese Initiative ist zu unterstützen. Die Aufweichung des AGB-Rechts stellt einen erheblichen Rückschritt dar.
 
Auch unter dem geltenden AGB-Recht sind Abweichungen möglich. Es handelt sich um Individualvereinbarungen. Es handelt sich um ausgehandelte Verträge bzw. Vertragsbestimmungen. Damit besteht eine hinreichende Öffnungsklausel, die im Einzelfall den Interessen der Beteiligten entsprechen kann.