Montag, 6. September 2021

Laschet - ist letztlich sein Versagen der Vorteil der CDU/CSU ?


Zunächst schien es deutlich zu sein: Die SPD mit Frontmann Schulz abgeschlagen. Die CDU vorne, dann die Grünen mit Baerbock und hinten, noch gerade so im Blickwinkel und weiter verschwindend die SPD. Und dann kam ein Umbruch:

Baerbock hatte Leichen im Keller, und die Medien griffen diese auf: Ihre Lebensläufe. Und schon hieß es in gnädiger Abwandlung der Parship-Werbung: Alle 11 Minuten ändere ich meinen Lebenslauf - ich baerbocke. Der Abgang von Bearbock als mögliche ernsthafte Kanzleranwärterin wurde flankiert mit einem allmählichen Aufholen von SPD und Schulz. Keiner erinnert sich mehr bzw. erinnert an die Zeit von Schulz in der EU und dem Umgang mit Steuergeldern. Hier darf aber daran erinnert werden und auf den Stern verwiesen werden, der unter dem 20.04.2017 titelte „Umgang mit EU-Geldern – Martin Schulz und das versprochene Versprechen“ und u.a. ausführte : „Doch jetzt gibt es einen Fall, in dem Schulz nicht einlöst, was er versprochen hat. Es geht um die Arbeit eines langjährigen Mitarbeiters des damaligen EU-Parlamentspräsidenten – und um mögliche Unregelmäßigkeiten mit EU-Geldern. Vor zwei Jahren hatte Schulz versprochen, diese Vorwürfe untersuchen zu lassen und die Ergebnisse dann zu veröffentlichen. Inzwischen sind die Untersuchungen abgeschlossen. Sie bleiben dennoch unter Verschluss. Schulz lässt auf Anfrage des stern verbreiten, er sei da machtlos. Ihm lägen die Berichte nicht vor. Und er sei ja "nicht mehr Präsident" des EU-Parlaments.“ (https://www.stern.de/politik/deutschland/martin-schulz--erneuter-verdacht-ueber-unregelmaessigkeiten-im-umgang-mit-eu-geldern-7416550.html).

Während Baerbock mithin baerbockte bestach Armin Laschet durch seine brilliante Art des Lachens - zum falschen Zeitpunkt. Es konnte nicht gut ankommen, wenn angesichts des ohnehin mehr als lauen Wahlkampfes anlässlich der Flutkatastrophen der Spitzenkandidat der CDU sich von der humoristischen Seite zeigte und seither auch wohl stets auf der Suche nach einem weiteren Stolperstein ist. Da die Wähler wohl nicht weiter barebocken wollten, mithin die sich selbst bereits als Merkel-Nachfolgerin sehende Spitzenkandidatin der Grünen in der Wählergunst stetig verlor, sich die lange Zeit stärkste Partei anfing sich selbst angesichts der Fehltritte ihres Spitzenmanns selbst zu zerfleischen und bereits die Messer für die interne Auseinandersetzung nach der (wohl für verloren angesehene) Wahl wetzte, konnte der  Fuchs bei der SPD langsam aber stetig durch Nichtstun und zusehen seine und seiner Partei Position positiv beflügeln. Ihm kommt zugute, dass niemand - warum auch immer - an seine nicht ruhmreiche Vergangenheit in der EU und die dort hinterlassenen Fragen erinnert. Vergessen und vorbei (oder: der Wille der Medien, ihn zu küren ?).

Sei es drum. Die Konstellation ist eindeutig. Die SPD hat die besten Chancen, den künftigen Kanzler zu stellen. Die SPD mit Schulz liegt mit 25% in Führung, (noch) gefolgt von der CDU/CSU mit 22%; die Grünen mit Baerbock abgeschlagen für die Führungskraft einer Regierung auf 17% (ZDF-Politbarometer, https://www.zdf.de/politik/politbarometer). Die SPD hat damit verschiedene Möglichkeiten einer Koalitionsbildung, so u.a. rot-rot-grün (mit 46%, was bereits die absolute Mandatsmehrheit bedeuten könnte). Ob die FDP (11%), bei der Ungewissheit besteht, ob sie nicht ein Bündnis SPD/Grüne, evtl. auch rot-rot-grün stützen würde, könnte hier Steigbügelhalter für Schulz sein.

Dieses Szenario könnte aber das Wahlverhalten noch beeinflussen – trotz Laschet. AfD-Wähler (11%) könnten sich Gegenwehr doch CDU/CSU wählen und auch FDP-Wähler könnten zur Verhindern einer Linksregierung CDU/CSU wählen. Dann aber wäre die CDU/CSU die stärkste Partei – es stellt sich nur die Frage, welchen Koalitionspartner sie finden kann. Denn eines scheint klar: Keine Partei wird alleine über eine Mandatsmehrheit verfügen. Die Gefahr einer Linksregierung mit erheblichen Erhöhungen der Mineralölsteuer, Tempolimit auf Autobahnen, Steuererhöhungen nicht nur für wenige „Großverdiener“, verschärfte Umweltschutzauflagen mit erhöhten Kosten für alle Bevölkerungsteile, Mietendeckel (mit dem Blick auf Zustände von heruntergekommenen Mietshäusern in der ehemaligen DDR mangels Investitionsbereitschaft) und einer evtl. gar damit einhergehenden Sozialisierung könnten abschreckend wirken, zumal auch Kleinsparer zwischenzeitlich merken, dass die Wirtschafts- und Finanzpolitik ihre geringen Vermögen dank einer stetig anwachsenden Inflation (bedingt insbesondere durch Steuern und öffentliche Abgaben) und der Null-Zins-Politik der EZB (bei der erfolgreich eine deutsche EZB-Präsidentschaft, die zuletzt angestanden hätte, und damit eine für die ehemalige Währungsbank Deutschlands, der Deutschen Bundesbank, bekannte Politik verhindert wurde) an ihnen nicht spurlos vorbeigehen.

Der Ausgang der Wahlen ist mithin trotz Stimmungshoch für die SPD und Stimmungstief für die CDU/CSU – und wohl auch gerade deshalb – offen.


Montag, 28. Juni 2021

Pest der demokratischen Ordnung und des Rechtsstaats - Corona


 

Corona (oder genauer: COVID 19 mit seinen diversen Varianten und Mutationen)  – gerne genutzt um Repressalien auszuüben, um seine Fürsorge um und für Andere zu zeigen, um zu schimpfen…

Es begann ans sich vor 2020, wurde aber erst richtig von der Öffentlichkeit in 2020 wahrgenommen. Es folgten ein Lockdown nach dem anderen und - natürlich  - Beschwerden über die angeordneten Maßnahmen sowie notwendig auch die juristische Aufbereitung. Nun, nach dem 3. Lockdown ein Aufatmen und es wird wieder (fast) so gelebt wie vor den Lockdowns: Körper an Körper in Restaurants und im Freien, dichtgedrängt wie in der „guten alten Zeit“. Und die Warnungen von Virologen im Hinblick auf die zunehmende Erkrankung mit der sogenannten Delta-Variante wird überhört, sie passt nicht ins Bild der endlich wieder erlebten Freiheit. Und die Politik bereitete hierzu wieder die Grundlagen, wie sie diese bereitet hatte, als es das öffentliche Leben und auch das private Leben der Bürger (zumindest formal) rigoros einschränkte.

Aber wenn wir uns die Zeit seit dem offiziellen Beginn der Corona-Pandemie Revue passieren lassen und uns die Umstände der heutigen gelebten Freiheit ansehen, kommt Bitterkeit auf, Bitterkeit über das Versagen von Politik und Rechtsstaat. Wir erlebten und erleben millionenschwere Fehlentscheidungen von Ministern (die allerdings auch ohne Corona keine Seltenheit sind), milliardenschwere Kosten (deren finanzielle Abarbeitung noch erhebliche Auswirkungen haben wird), aber auch ein umfassendes Versagen der Staatsorgane.

Betrachten wir uns die Lockdowns. Ein völliges Zurückfahren der wirtschaftlichen Betätigung verbunden mit erheblichen Engpässen in der Versorgung (man denke nur an den Kampf um Toilettenpapier, wobei angemerkt werden darf, dass daraus bis heute keine Lehren gezogen wurden, um die Abhängigkeit von Drittländern, so ganz vorne China, abzubauen), eine Lockerung mit der Folge eines kurze Zeit später durch steigende Inzidenzzahlen  erneuten Lockdowns, Aufweichung und wieder (radikale) Auflockerung zur jetzigen „Freiheit“. Und schon heute besteht Gewissheit, dass diese radikale Auflockerung nicht halten wird (halten kann), da insbesondere durch die Deltavariante des Virus schon jetzt ein erneutes Herunterfahren (Lockdown) als sicher eingestuft wird. Die jetzige Auflockerung wird daher teilweise damit begründet, ein längerer Lockdown mit Beschränkung der Rechte der Bürger (so zum Treffen mit Freunden pp., für Versammlungen, Theater pp.) sei nicht mehr vermittelbar. Das aber sind vordergründige Argumente. Durch die jetzige Auflockerung wird die Gefahr der Verbreitung wesentlich erhöht, auch die Schnelligkeit derselben. Bedenkt man, dass selbst Geimpfte (mit zwei Impfungen) von der Deltavariante nicht verschont werden, bedenkt man weiter, dass bisher auch nur ein Drittel der Bevölkerung geimpft ist, ferner, dass es die Politik und Verwaltung wegen eklatanter Fehlentscheidung, die auf EU-Ebene von der ohnehin nicht als befähigt anzusehenden (und deshalb auch in Deutschland als Ministerin ausgeschiedenen und „hochgelobten“) Kommissionspräsidentin der EU, Ursula von der Leyen,  eingeräumt wurde.

Warum also die radikale Öffnung ? Die Behauptung der Zumutbarkeit für die Bevölkerung ist nur ein Deckmantel. Richtig dürfte sein, dass die Bundestagswahlen anstehen. Keine Partei, und damit insbesondere auch nicht die Regierungsparteien in Bund und Ländern, wollen wegen fortgesetzter Einschränkungen zur Vermeidung einer Ausbreitung des Virus Stimmen verlieren. Es geht nicht um das Wohl der Bevölkerung, es geht um Wählerstimmen. Dafür wird billigend in Kauf genommen, dass sich der Virus wieder (und zwar in seiner derzeit gefährlichsten Variante in Form Delta) vermehrt verbreitet, mit der Folge, dass – nach den Wahlen – das öffentliche und private Leben wieder drastisch eingeschränkt werden muss und bis dahin eine akute Gefahr für die Bevölkerung zunimmt.

Die Bausteine für die Einschränkung des öffentlichen und privaten Lebens schöpfte die Politik aus dem Infektionsschutzgesetz. Und sie wurde dabei von der Rechtsprechung – einschließlich dem Bundesverfassungsgericht als Hüterin der rechtsstaatlichen Ordnung und über die Grundrechte – gestützt. Bestürzend ist dabei eine Entscheidung des VG Bremen vom 26.03.2020 – 5 V 553/20 – (https://recht-kurz-gefasst.blogspot.com/2020/03/corona-schlieung-von-laden-geschaften.html). Dieses anerkannte, dass die Schließung der Ladengeschäfte keine Rechtsgrundlage in dem Infektionsschutzgesetzt (in der damals geltenden Fassung) fände und auch gegen Art. 12 GG (einem Grundrecht) verstoße. Der Kernsatz lautet: „Liegen neue und in dieser Form vom Gesetzgeber nicht bedachte Bedrohungslagen vor, ist daher jedenfalls für eine Übergangszeit der Rückgriff auf die Generalklausel auch dann hinzunehmen, wenn es zu wesentlichen Grundrechtseingriffen kommt.“ Dabei hat es geflissentlich unberücksichtigt gelassen, dass einen nur vorrübergehenden, nicht gesetzlich legitimierten Eingriff in ein Grundrecht weder das Grundgesetz noch das Gesetz kennt. Unabhängig davon stellt sich auch die Frage, welcher Zeitraum mit „vorübergehend“ gemeint sein soll. Immerhin hat es doch die Legislative sogar in der Coronakrise fertig gebracht, Gesetze innerhalb von zwei Tagen durch Bundestag und Bundesrat beschließen zu lassen. Wäre es also nicht ohne weiteres möglich gewesen, hier in § 28 IfSG eine entsprechende zusätzliche Regelung aufzunehmen, die den Eingriff in die Berufsausübung qua Schließung von Gewerbebetrieben betrifft ?  Sicherlich wäre dies möglich gewesen. Zudem verkannte das VG, dass Art. 19 Abs. 1 GG bestimmt, dass die Grundrechtsnorm benannt werden muss, in die durch das Gesetz eingegriffen werden soll.   In § 28 Abs. 1 S. 3 IfSG werden aber als Eingriffe in Grundrechte nur die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG), die Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) und die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) benannt.  Die Einschränkung der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG, die hier gegenständlich ist, wurde nicht benannt. Damit lässt sich keinesfalls aus § 28 Abs. 1 S. 1 IfSG, wie das VG meinte, ableiten, dass alle Maßnahmen der Gefahrenabwehr möglich seien, jedenfalls durch einen gesetzgeberischen Willen getragen seien und/oder auf Zeit möglich seien. Da zwingend bei einem Eingriff in ein Grundrecht in dem Gesetz, in dem in das Grundrecht eingegriffen wird, darauf zu verweisen ist, lässt sich mithin die Allgemeinverfügung aus den Erwägungen des VG heraus nach rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht halten. Und das Bundesverfassungsgericht ? Es hatte nur in Eilverfahren zu entscheiden (Hauptsacheverfahren dauern bei diesem ohnehin regelmäßig mehrere Jahre), und hat in Ansehung der vorliegenden Verfahren und er Güterabwägung wegen einer angeblichen Offenheit der Entscheidung die Eilanträge von Betroffenen abgelehnt. Das Bundesverfassungsgericht selbst hatte also hier auch die zwingende Norm des Grundgesetzes, Art. 19 Abs. 1 GG, missachtet.

Die Rechtsprechung hat mithin versagt, bis hin zu dem Gericht, welches Hüterin der Verfassung sein sollte.

Die Politik hätte es in der Hand gehabt, durch eine schnelle Änderung des Infektionsschutzgesetzes eine rechtsstaatliche Basis für ihre Maßnahmen zu schaffen. Gleichwohl hat sie verfassungswidrig, gestützt von den Gerichten, ihre Maßnahmen durchgesetzt. Sie nutzte das Infektionsschutzgesetzt unzulässig als Ermächtigungsgesetz, und hat zudem auch das Parlament ausgeschaltet, indem nur per Absprache zwischen Bundesregierung und Landesregierungen die Maßnahmen durchgesetzt wurden. Die Väter des Grundgesetzes wollten eine Ausschaltung demokratischer Regeln, wie sie nach der Machtübernahme Hitlers in Deutschland stattfand, für die Zukunft ausschließen. Die Vorgänge im Frühjahr 2020 haben gezeigt, dass ihnen dies faktisch nicht gelungen ist, da Politik und Gerichte, einschließlich den Verfassungsrichten der Länder und des Bundes, die rechtsstaatliche Grundordnung aufgehoben haben.

Eine Änderungen des Infektionsschutzgesetzes in dem heutigen § 32 nennt weiterhin nicht die Einschränkung des Grundrechts aus Art 12 GG (freie Berufsausübung). Es mag, worauf das VG Bremen abstellte, in der Sache gerechtfertigt gewesen sein, das öffentliche und private Leben in Ansehung der pestartig sich verbreitenden Pandemie einzudämmen. Die Art und Weise war allerdings nicht zu rechtfertigen, zumal eine vorherige Änderung der Rechtsgrundlage möglich gewesen wäre. Dass nunmehr das Infektionsschutzgesetz teilweise als Ermächtigungsgesetz in Anspielung auf die Ermächtigungsgesetze seit 1914 (die keine Grundlage in der jeweiligen Verfassung hatten) und deren Höhepunkt mit dem Gesetz der Behebung der Not von Volk und Reich (am 23.03.1933 vom Deutschen Reichstag beschlossen) erreicht wurde, verabschiedet mit der Stimmen der damaligen Regierungskoalition, der die NSDAP angehörte.