Freitag, 30. Mai 2014

Gesten ist heute morgen

Ich habe gerade die Zeitung durchblättert, die ein Kollege auf seinem Tisch liegen ließ. „Erhöhung der Altersgrenze auf 68 Jahre ? Ein Vorschlag der FDP“ heißt e da auf der ersten Seite. Nicht neues also. Auf Seite 2 „Verbraucher melden ihre Rechte an – Gerechte Marktordnung und Freiheit / Ablehnung der Kartelle“  hört sich das auch abgedroschen an.  Ein Lächeln über den versuch des ADAC, positiven Eindruck zu schaffen: „ADAC will die Jugend stärker fördern“.  Und dann bei Wirtschaft „Der Verbraucher wurde bisher nicht gefragt – Das Tauziehen um das Ladenschlußgesetz“.  Schon wieder oder immer noch. Was die doch so interessiert in Westfalen, denke ich, da es sich um das Mindener Tageblatt handelt. Aber was steht denn da: Mittwoch, 5. Mai 1954. Themen wie heute. Nichts hat sich geändert. Die Diskussionen sind gleich. Gestern ist eben heute morgen.

Zeitgeschichte einmal anders. Eine alte Tageszeitung – wahllos hineingegriffen. Die Themen sind aktuell.
Die FDP fordert die Rente erst mit 68 und rechnet vor, dies erbringe der Rentenkasse eine Ersparnis von DM 400 Millionen im Jahr. War das nicht eben schon einmal ? Ist jetzt aber abgesenkt auf 63 mit einigen Fallstricken und mittelfristiger Erhöhung (kleiner Taschenspielertrick der jetzigen Regierung) ?
Verbraucherrechte werden auch heute immer weiter angemahnt und Kartelle abgelehnt. Gefordert wurde damals von der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände Schutz gegen Übervorteilungen und Machtstellungen und eine Verbraucherpolitik im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft. Ich denke an Ölkartelle, Benzin-, Gas- und Stromtarife und die heutigen entsprechenden Forderungen.
ADAC und Jugend. Marketing war immer ein Spielfeld des Automobilclubs. Und er versucht sich heute auch wieder  „aufzumöbeln“. Eine Maßnahme, die dazu gehören könnte.
Und das Ladenschlussgesetz ? Damals wurde der freie Samstagnachmittag für den Einzelhandel diskutiert, und u.a. von den Verbraucherverbänden moniert, dass der Angestellte (der Samstags zumindest vormittags noch arbeitete) dann nicht mehr „mit seiner Frau“ wichtige Einkäufe zusammen erledigen könne. Zwei Wandlungen: Damals die Frau wie selbstverständlich „nur“ Hausfrau, heute die Diskussion um Öffnung letztlich rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche, nach freier Wahl des Einzelhandels.
Die Themen sind geblieben, nach 60 Jahren. Nur inhaltlich haben sich die Schwerpunkt teilweise verlagert.

Mittwoch, 21. Mai 2014

Wahlkampf im Zeichen der Antidemokratie

Frank-Walter-Steinmeier (Wikimedia)
Es ist schon bezeichnend, dass in diesem Wahlkampf Redner der großen Parteien, aber auch einer kleinen Partei wie die AfD, niedergeschrien werden und versucht wird, mit Pfeifkonzerten u.ä.  zu stören. Es geht an sich um Europa, die Wahl zum europäischen Parlament. Sicherlich, Europa redet überall mit, auch in der Außenpolitik. Sicherlich ist auch richtig, dass es mehr Fragen als Antworten zu Europa als Staatenverbund gibt und dass es Zweifel nicht nur an der Administration sondern auch an der demokratischen Legitimität in diesem Europa gibt. 

Aber geht es denen darum, die Wahlveranstaltungen stören ? Wohl kaum, wie insbesondere auch der Wahlkampfauftritt von Steinmeier und seine jetzt als "Wutrede" bezeichnete Rede verdeutlicht. Putin lässt seine Truppen in die Ukraine, einem souveränen Staat einmarschieren und besetzt einen ganzen Landesteil, die Krim. Es geht nicht darum, ob man ihm vielleicht gefühlsmäßig recht geben möchte vor dem Hintergrund, dass die "Schenkung" der Krim an die Ukraine noch zu Zeiten der Sowjetunion erfolgte, also eine Gefährdung russischer Interessen dadurch nicht angenommen werden konnte (weshalb man mit Auflösung der Sowjetunion von einem "Wegfall der Geschäftsgrundlage" sprechen könnte) und nicht die Gefahr sah, dass dadurch irgendwann einmal der direkte Zugang zum Schwarzen Meer und darüber zum Mittelmeer versperrt würde. Putin ist auch derjenige, der die Ostukraine bedrängt und gerne auch für Russland einverleiben möchte. Aber nicht er wird als Kriegstreiber benannt, sondern ein Steinmeier oder eine Merkel, die sicherlich eher derzeit für das Gegenteil stehen. Und der Hinweis auf Nazis in Bezug auf die Ukraine und deren Überlebenswillen gegen Russland ist wohl auch nicht ernsthafter Diskussion wert und zeigt eine kaum zu verkennende Verachtung menschlicher und insbesondere demokratischer und rechtsstaatlicher Werte.


 Hier wird deutlich gemacht, wie demokratische Strukturen, zu denen als Selbstverständlichkeit auch das Recht zur freien Rede gehört, mit Füßen getreten wird. Steinmeier hat den Störern  - die ihn lauthals als Kriegstreiber bezeichneten -  vorgeworfen, sie wären die Kriegstreiber und wies darauf hin, dass früher in Europa die kriegerische Auseinandersetzung allgegenwärtig war. Richtig, immerhin hat die europäische Idee diese Gefahr wohl eingedämmt. Richtig auch, dass letztlich Kreigstreiberei auch mit Getöse verbunden werden kann, wie es hier von den Störern betrieben wird (immerhin kann man sich auch heute noch in alten Filmen die entsprechende Vorgehensweise sowohl der Nazis als auch der Kommunisten bei entsprechenden Veranstaltungen ansehen.

Wenn also von jenen, die meinen durch Krach und Pfeifkonzerte Wahlveranstaltungen stören zu müssen, die Vorwürfe wie "Nazis" und "Kriegstreiber" erfolgen, müssen sie sich selbst in diese Kategorie einreihen lassen. Eine demokratische Legitimation für ein derartiges Vorgehen fehlt bereits im Ansatz.