Samstag, 25. April 2015

Bundesverfassungsgericht – des Gesetzgebers liebster Feind ?

Da mehren sich die Rufe nach einer Änderung des Grundgesetzes mit dem Ziel, die Macht des Bundesverfassungsgerichts einzudämmen. Es wird von politischen Entscheidungen gesprochen, von einer juristisch ummäntelten politischen Einflussnahme und einer Verachtung einiger Richter für Politik.

Nichts neues. Schon Friedrich der Große haderte mit den Juristen. Unterlag er doch vor dem Reichskammergericht einem Müller, dem er – im wahrsten Sinne des Wortes – das Wasser abschneiden wollte. Friedrich zog die Konsequenzen und ließ das ALR (Allgemeine Preußische Landrecht) niederschreiben. Damit wollte er mögliche Auslegungen durch ein Gericht verhindern, da dieses Gesetz stets alles definierte.

Es ist für den jeweils Unterlegenen eines Rechtsstreits häufig nicht einsichtig, weshalb er unterlag. Dies insbesondere dann, wenn das Obsiegen oder Unterliegen nicht lediglich an Fakten geknüpft ist, sondern an einer juristischen Bewertung, der Interpretation von Normen. So ist es auch im Verfassungsrecht. Die dortigen abstrakten Normen müssen mit Leben gefüllt werden. Alleine ein Gesetzesvorbehalt in einer Norm rechtfertigt nicht, diese quasi auszuhöhlen; der Kernbereich ist festzustellen und daran gemessen eine Abwägung vorzunehmen.

Damit aber muss das Verfassungsrecht notgedrungen in die politische Kompetenz des Gesetzgebers eingreifen, da anders die Kontrolle nicht wirksam ausgeübt werden kann. Über die Art und Weise der Ausübung der Kontrolle durch das Verfassungsgericht ärgern sich aber letztlich nicht nur die Politiker. Man denke an die Entscheidungen, in denen das Bundesverfassungsgericht zwar die Verfassungswidrigkeit von Normen feststellt, aber hier nicht die Norm sofort aufhebt, sondern dem Gesetzgeber eine (meist längere) Frist gewährt, nachzubessern (auf die Rechtsprechung zur Vermögensteuer wird beispielsweise verwiesen). Es verwundert schon, dass selbst verfassungswidrige Gesetze nicht mit sofortiger Wirkung aufgehoben werden, sondern teilweise noch längere Zeit angewandt werden dürfen, weshalb sich insoweit schon die Frage aufdrängt, ob nicht eine derartige Entscheidung selbst verfassungswidrig ist.

Ärgert sich hier aber der machtlose Bürger über solche Entscheidungen des Verfassungsgerichts, setzt der Kern des Angriffs durch die Parlamentarier bereits vorher an. Diese kritisieren letztlich bereits die Möglichkeit der verfassungsgerichtlichen Kontrolle. Benannt werden z.B. das Wahlrecht (das Kippen der 5%-Hürde) [1] und die Entscheidung zum Kopftuchverbot für Lehrkräfte [2]. Zuzugeben ist hier sicherlich, dass die Entscheidungen zu politisch brisanten Themen ergingen und dass man hier politisch verschiedener Ansicht sein kann. Zuzugeben ist auch, dass die Entscheidungen des Verfassungsgerichts nicht notwendig rechtlich als überzeugend angesehen werden müssen(wie auch Minderheitsvoten von beteiligten Verfassungsrichtern bezeugen [2]).

Aber nun die Autonomie des Bundesverfassungsgerichts in Frage zu stellen und diesem Beschränkungen aufzuerlegen, zeugt von einem fehlenden Rechtsstaatsverständnis. Wenn die Kompetenz des Bundesverfassungsgerichts eingedämmt wird, bedeutet dies auch, dass die gesetzgeberische Kompetenz ohne jegliche verfassungsrechtliche Prüfung bliebe. Das aber würde die Verfassung (hier das Grundgesetz) letztlich zu einer lesenswerten, aber unbedeutenden Bettlektüre degradieren. Ihre notwendige Beachtung durch den Gesetzgeber wäre nicht mehr gegeben.

Dass das Verfassungsgericht letztlich mittels seiner Urteile auch Politik macht, liegt auf der Hand und lässt sich nicht vermeiden. Einen faden Beigeschmack hat dies allenfalls im Hinblick auf die Berufung von Verfassungsrichtern. Immer wieder gibt es ein politisches Gerangel, ist ein Parteienproporz einzuhalten und werden Vorschläge zu Personen gemacht, die regelmäßig aus einer Partei kommen, dort sich eventuell auch bereits verdient gemacht haben und denen mit diesem „Job“ ein Dankeschön gesagt werden soll. Die politische Prägung ist also systemimmanent, wird auch von diesen Parlamentariern, die nun die Kompetenz des Gerichts einschränken wollen, gerne gesehen. Der „eigene Mann“ (oder die „eigene Frau“) soll mithin im Gremium die Interessen der sie benennenden Partei vertreten.


Nicht die Kompetenz des Gerichts ist einzuschränken, sondern die Berufung von Verfassungsrichtern auf ein parteiunabhängiges, wertneutrales Modell umzustellen. Die Einschränkung der Rechte des Gerichts im Hinblick auf gesetzgeberische Aktionen würde nicht dem (Verfassungs-) Recht förderlich sein, sondern zu dessen Aushöhlung führen. 

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Freitag, 10. April 2015

Politischer IT-Wahnsinn versus Terror mitttels IT

8./9. April 2015: Hacker der Terrorzelle IS (Islamischer Staat) haben Zugriff auf die facebook-Seite des französischen Senders TV5 Monde genommen und dort islamistische Forderungen, verbunden mit  Drohungen gegen französische Soldaten zu erheben.  Ein Cyber-Angriff, wie er letztlich ständig in allen Bereichen vorkommt, und selbst sicherheitsrelevante Bereich wie NATO oder NASA davor in der Vergangenheit nicht geschützt waren. Weshalb aber wird auf politischer als auch wirtschaftlicher Ebene weiterhin IT beinahe abgöttisch hofiert ?

Es soll alles einfacher und schneller werden. Das papierlose Büro, immer noch ein Traum von IT-Spezialisten. Aber nicht nur das. Das qua Internet übermittelte Dokument, die qua Internet übermittelte Datei kann gleich verarbeitet werden. Es sind Suchfunktionen möglich. Kein aufwendiges Durchblättern und prüfen, sondern eine einfache Recherche und Prüfung. Man denke an ELSTER, jenem Programm der Finanzverwaltung, mittels dem der Steuerpflichtige seine Steuererklärungen einreichen soll (und teilweise muss). Man denke an das Telefon: ISDN war gestern; selbst die Telekom., die weltweit das beste ISDN-Netz unterhält, will sich in zwei Jahren davon verabschieden und bietet schon heute nur noch PC-fähige Endgeräte an. Oder wie wäre es mit einer handygesteuerten Verwaltung der Wohnung im Hinblick auf Heizung, Jalousien pp. ?

Politik und Wirtschaft forcieren einen Bereich, der sich immer mehr als unbeherrschbar erweist. Wer hatte nicht schon Trojaner ? Wer konnte schon Dank der „eingefangenen Viren“ die gesamte Software neu laden und hatte einen (erheblichen) Datenverlust, wenn er nicht zuvor erfolgreich und sorgsam gespeichert hatte ? Cyberangriffe gehören heute schon zum Tagesgeschehen.

Es gibt viele Hacker. Die einen wollen tatsächlich an Daten, die anderen machen sich einen Spaß daraus. Eine Datensicherheit ist jedenfalls nicht gewährleistet. Ebenso wenig wie die Virenprogramme in der Lage sind, auf alle Virenangriffe zu reagieren, da sie diese noch nicht verarbeitet haben, ist es schlicht unmöglich, so vor Hackern zu schützen. Wie sollte man auch ?

Hacker Angriffe auf Anbieter wie 1&1 und Amazon sind ebenso bekannt wie solche bei NASA und NATO. Wer da glaubt, andere Bereich wären „gesicherter“, der lebt in einer reinen Phantasiewelt. Eine Phantasiewelt in die sich aber Politik und Wirtschaft zunehmend zurückziehen und nicht mehr bereit sind, die Realität zur Kenntnis zu nehmen. Zur ARD-Dokusendung „Schlechtfeld Internet – Wenn das Netz zur Waffe wird[1] heißt es in Spiegel-Online:

„Doch so anstrengend martialisch der Film daherkommt: Er ist sehenswert, weil er den Zuschauern mit eindringlichen Beispielen klarmacht, dass derCyberkrieg auch sie betrifft - nicht nur die Hacker und Regierungen, die ihn ausfechten. Online-Attacken können auch offline drastische Folgen haben, etwa wenn Hacker in der Lage wären, weiträumig das Stromnetz lahmzulegen.[2]
Klares Denken ist nicht mehr angesagt und der verstand wird abgeschaltet, wenn es um Zukunftsthemen geht. Raumschiff Enterpise und die Galaxien waren gestern -  es muss was neues geben, und da sine wir, d.h. die Politik und die Wirtschaft, dabei. Koste es was es wolle. Und was kostet es schon ?  Die Politik ….. nichts. Denn diese hat ihre sprudelnde Einnahmequelle. Insoweit noch nach mittelalterlicher Manier der Eintreibung der Steuern mit der neuen Möglichkeit für Erkenntnisse von Quellen (Big Brother ist bekanntlich watching you), werden ja schließlich nur die für Störfälle zur Kasse gebeten, die auch die eigenen Störfälle qua notwendigen 8erzwungenen) Gebrauchs des Internet beseitigen müssen. Und die Wirtschaft ? Jedenfalls was die in diesen Bereichen tätige Großindustrie anbelangt, kann sich diese das Spiel zumindest noch mit einem lachenden Auge ansehen, verdient sie doch immer wieder durch Hacker, Viren, Trojaner.

Also ist völlig glückselig einzig die Politik. Sie sonnt sich in den Möglichkeiten paradiesischer Zustände. Zum einen die fundamentale Möglichkeit der eigenen Informationsverschaffung, zum anderen das Vorführen vermeintlicher Errungenschaften wie das Einschalten des Herdes qua Handy, damit bei Ankunft das Essen gegart ist (aber vorsichtig: bei dem üblichen Verkehrsstau daran denken, den Herd via Handy wieder abzuschalten  -  und hoffentlich hat man gerade Empfang und ist der Aku auch noch geladen).

Es stimmt traurig, ja wütend, dass die Politik grundlegende Interessen eines Volkes schlicht grob missachtet und damit erheblichen Gefahren aussetzt. Warum  - außer dem Willen der einfacheren Überwachung -  muss eine Steuererklärung qua Internet übermittelt werden ? Und warum wird immer weiter in allen Bereich auf das Internet gesetzt, trotz zunehmender Gefährdung ? Weshalb gibt eine keine Notfallpläne für den Fall erfolgreicher Cyberattacken z.B. auf das Stromnetz, auf das Telefonnetz, gar auf das Internet als solches ? Mutwillig und mit unbegreiflicher Arroganz werden hier erhebliche Gefahrenbereiche konstruiert, die sogar lebensbedrohlich sein können (man denke an Stromausfälle und Lahmlegung der Netze in Krankenhäusern).

Der Staat engagiert sich in einem von ihm 8wieder einmal) nicht beherrschten Bereich. Und er verschlimmert dadurch die Situation. Denn je mehr er auf das Internet setzt, desto mehr Interesse besteht am Cyberwar. Und desto anfälliger wird das System.

Vernunft wäre, zunächst die Gegenwehr zu sichern. Aber was soll es ? Mögen es doch die künftigen Generationen richten. Vielleicht gibt es dann schon deshalb kein Cyberwar mehr, da dieser sich letztlich selbst ausgelöscht hat und das Netz nicht mehr existiert ? Wenn ich dann das Résumé mit Stift und Papier schreibe….