Donnerstag, 5. Mai 2016

Mietrechtsnovelle 2016 - Fortsetzung einer verfehlten Wohnraumpolitik

Es ist nicht einmal ein Jahr her, da wurde die sogenannte Mietpreisbremse eingeführt. Mit ihr sollte die Überhitzung der Mietpreisentwicklung in den Ballungsräumen, in dem immer mehr Nachfrage nach Wohnungen festgestellt wird, verhindert werden. Wenn nun mit einem vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz vorgelegten Referentenentwurf „zur weiteren Novellierung mietrechtlicher Vorschriften“ weitergehende Maßnahmen mit der gleichen Intention vorgesehen sind, verdeutlicht sich, dass es sich vor einem Jahr bei der sogenannten Mietpreisbremse um einen unbehelflichen Schnellschuss handelte. Und die nun vorgsehenen Regelungen ? Sie stellen sich wiederum als eine (verfehlte) Augenwischerei dar.


Die Mietpreisbremse, beschlossen vom Bundestag am 5.3.2015 (in Kraft seit dem 1.7.2015), bezweckte eine Dämpfung des Mietanstiegs und setzte bei der Neuvermietung von (bereits vorher vermieteten) Wohnraum an. Der Vermieter sollte nur noch berechtigt sein, die Miete maximal um bis zu 10% über die ortsübliche Vergleichsmiete zu erhöhen (§§ 556d Abs. 1 iVm. 558 Abs. 2 BGB).  Obwohl nicht einmal ein Jahr vergangen ist, verdeutlicht sich (wie zu vermuten war), dass eine solche Regelung bei den insgesamt rasant steigenden Mieten in den betroffenen Gebieten diese Deckelung in Bezug auf die ortübliche Vergleichsmiete, die stetig auch weiter steigt, unzureichend ist um eine Eindämmung zu schaffen.

Also soll nun an anderen Stellen die Schraube fester gedreht werden. So sollen nach dem Entwurf in die Bemessung der ortüblichen Vergleichsmiete auch ältere Vertragsabschlüsse und Erhöhungen einbezogen werden, was dann insgesamt im Schnitt einer Ermäßigung bedeutet. Damit wird einmal ein „Dämpfer“ gesetzt, was aber nur bedeutet, dass die Erhöhungswelle, bei der es bleibt, zunächst von einem niedrigeren Niveau ausgeht. Mittelfristig verpufft der Effekt bereits wieder, es sei denn, der Gesetzgeber verlängert stetig den Zeitraum der Einbeziehung älterer Vertragsabschlüsse nach hinten. Dann aber sollte der Gesetzgeber das Visier öffnen und schlicht einen Mietstopp verordnen, was er allerdings in Ansehung der Eigentumsgarantie wohl vermeiden will.

Zudem soll nach dem Referentenentwurf die Möglichkeit der Erhöhung der Miete qua Modernisierung weiter eingeschränkt werden. Zum einen soll der Prozentsatz der umlegbaren Kosten im Jahr von 11% auf 8% reduziert werden (was für den Vermieter in Zeiten der Niedrigzinsphase, wie sie derzeit herrscht, noch nicht unbedingt schmerzlich ist, allerdings in Zeiten einer Hochzinsphase die Sanierung bzw. Modernisierung ausschließen dürfte), zum anderen auf einen Betrag von € 3,00/m² nach oben begrenzt werden. Damit aber stehen sich zwei Aspekte der Politik als Widerspruch gegenüber: Während zum einen die Erhöhungen im wesentlichen auf energetische Modernisierungen beruhen (die doch letztlich dem Mieter nutzen sollen), soll ein sozialökonomischer Umstrukturierungsprozess bei der Nutzung der Wohnung qua dadurch verursachter Mieterhöhungen verhindert werden. Da aber Vermieten kein Selbstzweck ist (zumal Liebhaberei steuerlich auch nicht einmal nutzbar wäre), sondern im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung eine Geldanlage gewinnbringend sein soll, muss sich ein vermieter stets die Frage stellen, ob er überhaupt entsprechende Maßnahmen ergreift, wenn dann schlussendlich die Kosten bei ihm verbleiben. Er wird also die Maßnahmen nicht durchführen, wenn bei einer starken Nachfrage in einem Gebiet, auf welches gerade diese gesetzlichen Maßnahmen abzielen, eine (auch hochpreisige) Vermietung auch ohne solche Modernisierungen möglich ist.

Die im Referentenentwurf vorgesehenen Änderungen sind, wie es bereits die Mietpreisbremse war, verfehlt. Interessant dabei ist, dass mit diesen Maßnahmen auch die Absicht verbunden ist, preisdämpfend auf Neubauvermietungen zu wirken. Schon dies wird nicht gelingen, sondern das Gegenteil von den gesetzlichen Initiativen erreicht. Soweit noch Wohnungsneubauten erfolgen, die dem Mietmarkt zur Verfügung gestellt werden, entsprechen diese den heutigen Erwartungen an Ausstattung und auch energetischen Maßnahmen. Da die Modernisierung von Altbauten durch die Verhinderung von entsprechenden Mieterhöhungen eingeschränkt wird, werden mithin die Neubauten auch zu weiter erhöhten Mieten vermietet werden können (wobei diese erhöhten Mieten auch in den Schlüssel der Feststellung der ortsüblichen Miete mit einbezogen werden). Bestandsbauten würden wohl eher der Verwahrlosung anheimgestellt, der Mietmarkt mithin weiter in von der gesetzgeberischen Intention nicht gewollte Klassengesellschaften gewandelt.


Das Problem stellt sich, da in bestimmten Regionen / Städten immer mehr Wohnraum auf Grund Zuzugs benötigt wird. Das führt gleichzeitig zur Entvölkerung anderer Regionen, insbesondere ländlicher Bereiche. Statt aber hier an der Wurzel eine Kehrtwende zu versuchen, wird lediglich die Konsequenz dieser Entwicklung in Bezug auf steigende Mieten in den bevorzugten Gegenden angegangen. Dies ohne Rücksicht darauf, dass eine derartige Politik schnell dazu führen kann, dass die Wirtschaftlichkeit der vermieteten Wohnimmobilie in Frage gestellt wird, was dann allenfalls Einfluss auf Neubauten und auf den Zustand von Altbauten haben kann. Es wäre ein politisches Umdenken erforderlich, welches den ländlichen Raum und die weniger „nachgefragten“ Städte wieder attraktiver gestaltet.

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