Nur eine kleine Presseerklärung
des Bistums Münster vom 20.01.2015 lässt die Frage nach der geistigen Freiheit in Verbindung mit Religion aufkommen:
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Presseerklärung auf der Homepage des Bistums Münster |
Bischof Genn entzieht
Pfarrer Spätling die Predigtbefugnis
Pfarrer Spätling die Predigtbefugnis
Herr Pfarrer Paul Spätling, Emmerich, hat
am 19. Januar 2015 an der Pegida-Demonstration in Duisburg teilgenommen.
Auf der Bühne hat er sich kritisch über das
Ausschalten der Lichter am Kölner Dom bei der jüngsten Pegida-Demonstration
dort geäußert.
Zudem ist er auf das Verhältnis von Christentum und
Islam in der europäischen Geschichte eingegangen und hat die Bundeskanzlerin
wegen ihrer Aussage kritisiert, der Islam gehöre zu Deutschland.
Wir weisen die Aussagen von Herrn Pfarrer Spätling
entschieden zurück. Wir distanzieren uns mit Nachdruck von seinem völlig
verzerrten Bild von Geschichte und Gegenwart. Herr Pfarrer Spätling bedient mit
seinen Äußerungen undifferenzierte Klischees gegenüber dem Islam. Er schürt mit
seinen Aussagen eine Feindlichkeit gegen „den Islam“, die wir für gefährlich
erachten. Mit solchen Äußerungen – für die Herr Pfarrer Spätling, indem er äußerlich
sichtbar als katholischer Priester auftritt, auch noch seine Autorität als
Pfarrer und Priester missbraucht – legt er die Grundlagen für rechte
Ideologien, für Fremdenfeindlichkeit und für ein Gegeneinander der Religionen,
die in der katholischen Kirche keinen Platz haben.
Die christliche Botschaft ist keine der Ausgrenzung,
des Hasses und der Gewalt, sondern eine der Liebe und der
Menschenfreundlichkeit. Wir sind dankbar dafür, wie viele Menschen in diesen
Tagen auf die Straßen gehen und genau in diesem Sinne ein Zeichen setzen –
darunter sind auch ganz viele Christinnen und Christen. Uns droht in
Deutschland ganz sicher keine Islamisierung. Als Christen steht es uns gut an,
den Menschen, die Zuflucht bei uns suchen, zu helfen und für sie da zu sein.
Das geschieht auf ganz vielfältige Art und Weise. Zudem sind wir auf
unterschiedliche Weise und auf vielen Ebenen mit muslimischen Vertretern im
Gespräch und werden dies auch bleiben.
Der Bischof von Münster, Dr. Felix Genn, hat Herrn
Pfarrer Spätling, der im Bistum Münster ohnehin schon nahezu keine
priesterlichen Dienste mehr wahrnimmt, am 20. Januar 2015 mitgeteilt, dass er
solche Reden wie die gestrige nicht „dulden kann und will“. In Bezug auf Canon
764 des Kirchenrechtes hat Bischof Genn Herrn Pfarrer Spätling heute die
Predigtbefugnis entzogen und ihm damit verboten, innerhalb und außerhalb von
Kirchen öffentlich im Namen der Kirche zu sprechen.
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Es soll hier die
Presseerklärung nicht im Hinblick auf ihren konkreten Inhalt und deren
Berechtigung abgehandelt werden, nicht unter dem Blickwinkel moralischer
Vorstellungen und auch nicht unter dem Blickwinkel, ob ein derartiges Vorgehen
mit der sogen. christlichen Nächstenliebe, die dort benannt ist, selbst vereinbar
ist. Es geht darum, dass sich ein Pfarrer auf einer Kundgebung einer Gruppe
geäußert hat, die von der Kirche (zumindest offiziell) abgelehnt wird. Und
dieses Verhalten des Pfarrers wird mit einem Predigtverbot sanktioniert. Damit
aber verdeutlicht die Kirche, dass jedenfalls ihre Amtsträger sich nicht frei
äußern dürfen, sondern dem kirchlichen Diktat unterstehen.
Nicht ersichtlich und
ausgeführt wird, dass die Äußerungen des Pfarrers kirchliche Lehrsätze
bezweifeln würden. Sicherlich, wenn der Berufsträger die Doktrinen seines
Arbeitgebers öffentlich in Zweifel ziehen würde, ließe sich an eine Sanktion
denken, wäre diese (vielleicht) jedenfalls nachvollziehbar. Das aber war hier
offenbar nicht der Fall. Nur da der Pfarrer den Satz der Bundeskanzlerin „Der
Islam gehört zu Deutschland“ kritisierte und auf das Verhältnis zwischen
Christentum und Islam in der europäischen Geschichte einging, wurde das
Predigtverbot und damit verhangen.
Damit aber hat das
Bistum eine Intoleranz geübt, die liberalen Grundsätzen und der Freiheit des
Individuums ebenso entgegensteht, wie auch der von dem Bistum selbst benannten
christlichen Botschaft.
Die europäische
Geschichte ist nicht geprägt von Nächstenliebe zwischen Islam und Christentum. Deutlich
wird dies an den zwei Türkenkriegen und der Belagerung Wiens 1529 und 1683. Und
es lässt sich auch nicht erkennen, welcher Hintergrund für die Annahme sprechen
sollte, der Islam gehöre zu Deutschland. Schon die kulturelle Grundeinstellung,
geprägt durch eine frühzeitige (wenn auch teilweise gewaltsame [vgl. die Sachsenkriege
Karl d.Gr.) Christianisierung, macht den kulturellen Unterschied deutlich,
ebenso und noch deutlicher der Umstand, dass durch die Aufklärung in Europa und
die damit einhergehende Säkularisierung sowie der Anerkennung der
Gleichberechtigung der Geschlechter. Es gibt gerade keine grundlegende
kulturelle Gemeinsamkeit zwischen dem Islam und der hiesigen westlichen Kultur,
weshalb es für die gegenteilige Aussage schon einer Begründung bedürfte, sollte
es nicht lediglich ein leeres Pamphlet der Rhetorik sein.
Da aber auch die katholische
Kirche, deren Grundsätze doch wohl vom Bistum Münster vertreten werden, die
christliche Anschauung im Sinne des Neuen Testaments vertreten dürfte (sollte
?), liegt schon insoweit auch eine kirchliche Abgrenzung vom Islam vor. Mohammed
war kein Jünger Jesus und wird auch von der katholischen (wie auch
evangelischen) Kirche nicht als ein Prophet anerkannt.
Damit aber hätte der
Pfarrer nach der Presseerklärung des Bistums Wahrheiten verbreitet, die dem
christlich-katholischen Glauben entsprechen. Wurde er also abgestraft dafür,
dass er diesen vertritt ? Oder wurde er dafür abgestraft, dass er diesen im
Rahmen einer Veranstaltung vertritt, von der sich das Bistum aus politischen Gründen distanzieren will ?
Immerhin erfolgt die Begründung mit dem Argument, die christliche Botschaft
kenne keine Ausgrenzung, Hass oder Gewalt. Nun soll nicht unbedingt an die
teilweise gewaltsame Christianisierung erinnert werden, auch nicht daran, dass
vor noch nicht allzu langer Zeit sogar von der christlichen Kirche Kriegswaffen
gesegnet wurden. Auch der christlichen Kirche soll unterstellt werden, dass sie
sich in Ansehung der Aussagen im Neuen Testament (welches im Islam nicht anerkannt
ist) diese Kirche zwischenzeitlich eines Besseren besonnen hat. Doch wird nicht
gerade eine Ausgrenzung vorgenommen, wenn der Pfarrer, der sachlich (so die
Presseerklärung) nichts fehlerhaftes erklärt hätte, sanktioniert wird ?
Gedanken- und in der
Folge Redefreiheit sind grundlegende Elemente der freiheitlichen Ordnung. Diese
aber ist die (katholische) Kirche, jedenfalls nach der Veröffentlichung der
Presseerklärung des Bistums Münster, nicht bereit zu gewähren. Die Doktrin
(jedenfalls im Bistum Münster) lautet, es darf nur das erklärt werden und auch
nur dort erklärt werden, was und wo es der Kirche genehm ist. Der individuelle
Wille, das individuelle auch geistige Entfalten wird untersagt. Der
Berufsträger der Kirche wird degradiert zum willfährigen, meinungslosen Träger
fremder Gedanken. Er ist nicht mehr Individuum sondern letztlich nur Werkzeug.
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