Deutschland hat Exportüberschüsse. Dadurch glänzt Deutschland gegenüber den anderen Staaten in der EU. Und dadurch kann die EU überhaupt finanziert werden, bedenkt man, dass Deutschland der größte Nettozahler der EU ist und auch am Europäischen Stabilitätsmechanismus nicht nur mit der höchsten Bürgschaft sondern auch der höchsten Barzahlung beteiligt ist. Und nun will diese EU, unter Führung seines portugiesischem Kommissionsprädidenten José Manuel Durão Barroso prüfen, ob nicht gegen Deutschland ein Bußgeldverfahren im Hinblick auf den Leistungsbilanzüberschuss eingeleitet werden muss.
Soll nur der Ast abgesägt werden, auf dem doch die EU wesentlich ruht ?
Oder soll Deutschland ob seiner Stärke abgestraft werden, damit es sich ebenso in
eine wirtschaftlich verfehlt verhält wie andere Staaten der Gemeinschaft, um so
eher dem europäischen Armenhaus statt der Vorreiterstellung zugeordnet zu
werden ?
Auch der Präsident der EZB, der Franzose Mario Draghi, hat erkannt, dass
es ein Fehler wäre, Deutschland zu schwächen. Die Ökonomen halten letztlich unisono
die Vorgehensweise von Brüssel für verfehlt. Soll also Deutschland nur
geschwächt werden ? Anders kann es wohl kaum verstanden werden. Während in
Deutschland seit der Einführung des Euro gespart wurde, eine gemäßigte
Lohnpolitik betrieben wurde, wurde in anderen Staaten das Leben in vollen Zügen
genossen, koste es was es wolle. Die Rechnung wollen diese Staaten aber nicht
zahlen, sondern Hilfe der anderen erhalten, namentlich aus Deutschland. Eine Hilfe,
die nur erfolgen kann dank der Enthaltsamkeit in Deutschland.
Die EU wird ohnehin als Moloch gesehen. Ein Gebilde unbekannten Ausmaßes,
welches nur sehr bedingt einer parlamentarischen Kontrolle unterliegt.
EU-Regelungen, deren Sinnhaftigkeit häufig nur im Selbstzweck der Beschäftigung
der EU-Bürokratie erkannt wird, nehmen Überhand; nationale (demokratisch
legitimierte) Parlamente, die letztlich den Willen dieser Bürokratie umsetzen
müssen und damit keine Entscheidungskraft mehr haben. Ein EU-Parlament, dessen
wesentlicher Einfluss nur über das Haushaltswesen ausgeübt werden kann, welches
von der EU-Bürokratie schlicht durch Verlagerung der Kosten auf die EU-Staaten
umgangen werden kann.
Es mag richtig sein, dass dort, wo ein Gewinner ist, auch Verlierer sind
(nicht sein müssen). Es mag auch richtig sein, dass die Sparpolitik in
Deutschland nicht dazu geeignet ist, ein Konsumklima anzuheizen. Es wird immer
wieder gefordert, Deutschland solle Investitionen und Konsum stärken, etwa
durch Mindestlohn und niedrigere Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Dies
wird auch in Deutschland thematisiert. Allerdings wird auch die wirtschaftliche
Stabilität geachtet. Dass aber wäre -
folgt man Barroso - zu vernachlässigen.
Die korrekte Forderung Barrosos hätte sich an andere Staaten der EU
richten müssen: Mehr für die eigene Wirtschaftskraft zu tun. Nicht übermäßig
Löhne zu erhöhen und zu konsumieren und investieren, bis die Wirtschaft am
Boden liegt. Nicht Deutschland handelt verfehlt, es sind jene Staaten, die
gerade das perfekt praktizieren, was nun von Deutschland gefordert wird. Der Stabilitäts-
und Wachstumspakt, niedergelegt in Art 126 AEU-Vertrag und dem dem Vertrag
beigefügten Protokoll Nr. 12, sind die Grundlagen der EU und der Währungsunion.
Hier wird im wesentlichen gefordert, dass im Zusammenhang mit dem Euro die
Mitgliedsstaaten in wirtschaftlich normalen Zeiten einen annähernd
ausgeglichenen Staatshaushalt sowie eine Begrenzung ihrer öffentlichen
Verschuldung beachten. Es mögen derzeit keine „normalen Zeiten“ sein; dies
hindert aber doch nicht die Beachtung des Ziels, gar vor dem Hintergrund, dass
andere Staaten diese Zielsetzung ersichtlich völlig aus den Augen verloren
haben.
Damit lässt sich der Vorstoß
Barrosos nur so verstehen, dass Deutschland
- koste es was es wolle -
geschwächt wird. Deutschland droht ein Bußgeld in Höhe von 0,1% des
Wirtschaftswachstums, also rund 2,7 Milliarden Euro.
Die Montanunion, gegründet 1951
und in Kraft getreten 1952, war ein deutsch-französisches Kind unter
Beteiligung von Italien und den Benelux-Staaten. Aus ihr entstand die heutige
EU, die sich zum Überkind, einem kaum noch beherrschbaren Moloch mit mehr als
fragwürdiger demokratischer Legitimation entwickelt hat. Verständlich, dass
viele Europäer neidisch auf das vermeintlich so reiche Deutschland schauen
(obwohl es gar nicht so reich ist, wie andere Staaten der EU). Der Neid wird
durch stabile Wirtschaftskraft von Deutschland gespeist. Eine Wirtschaftskraft,
die in anderen Staaten wegen der dortigen verfehlten Wirtschaftspolitik fehlt.
Also eine Strafe für Deutschland für vernünftiges Verhalten ? Der Vernünftige
soll sich dem Unvernünftigen beugen. Ein groteskes Verlangen.
Die AfD trat in den
Bundestagswahlen als Gegner dieser europäischen Politik an und verfehlte nur
knapp den Einzug in den Bundestag. Ihr Erfolg bei knapp unter 5% macht aber
deutlich, dass die Euro- und Europaskeptiker nicht vereinzelt sind. Ein
Verfahren, wie es hier nun gegen Deutschland eingeleitet werden soll, wird wohl
von einigen Staaten mit Wohlwollen gesehen und eventuell diese gar noch in
ihrer verfehlten Wirtschaftspolitik bestärken. In Deutschland wird es aber eher
die Euroskeptiker bestätigen und die Anzahl der Europa-Gegner steigern.
Es würde Barroso und der
EU-Bürokratie gut tun, wenn sie den ernsthaften Versuch unternehmen würden, die
Schuldenstaaten Europas aus ihren Trümmern zu holen und zu veranlassen,
diesbezüglich eigene Initiativen zu ergreifen. Dies kann nicht dadurch
erfolgen, dass eine intakte Wirtschaft ebenfalls lahm gelegt wird. Dies würde
weder Deutschland noch der EU irgendwie helfen.
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