Die Deutsche Rentenversicherung ist (wieder) „ins
Gerede“ gekommen. Der neue Slogan heißt jetzt „Altersarmut“.
Bundesarbeitsministerin von der Leyen brachte das Thema auf. Eine Debatte hat
begonnen, die allerdings nicht die möglichen Ursachen der Knappheit der
Rentenkasse berücksichtigt.
Welche Aufgabe hat die gesetzliche
Rentenversicherung ? Proklamiert wird ein Generationen-Vertrag. Das hätte zur
Bedeutung, dass der Einzahler heute für die Renten der heutigen Rentner
aufzukommen hätte. Sieht man in der Rentenversicherung einen
generationsübergreifenden Vertrag, würde der Renteneinzahler nicht nur für die
aktuellen Renten aufkommen müssen, sondern unabhängig davon auch für seine
eigene Rente Vorsorge treffen. Unabhängig von dieser - nicht nur sprachlichen - Frage der Zweckbestimmung der
Rentenversicherung wird allerdings nach allgemeinen Verständnis davon
ausgegangen, dass die Beiträge zur Rentenversicherung letztlich auch nur
denjenigen zu Gute kommen, die selbst Einzahlungen leisteten. D.h., die Mitglieder
der Rentenversicherung unterstützen sich gegenseitig.
Soweit die Einzahlungen nicht aktuell für
Rentenzahlungen an Mitglieder dieser Gemeinschaft ausgezahlt werden, ist das
Vermögen (rentabel) anzulegen. Macht sich also in der Rentenkasse der sogenannte
Pillenknick bemerkbar, dass nicht nur die aktuellen Einzahlungen nicht mehr
ausreichen, eine der Einzahlung entsprechende Rente zu sichern, sondern auch
Vermögensreserven aufgebraucht werden ?
Diese Fragestellung würde übergehen, dass die
Rentenversicherung nicht lediglich typische Leistungen erbringt, sondern auch
versicherungsfremde Leistungen. Der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger
(als Vorgänger der Deutschen Rentenversicherung) hatte die versicherungsfremden
Leistungen für 1985 mit 35,4%, für 1995 mit 34,3% und für 2003 mit 29,1%
benannt. Insgesamt sollen seit 1957 über 600 Milliarden Euro (nicht Deutsche
Mark) an versicherungsfremden Leistungen erbracht worden sein. Versicherungsfremde
Leistungen sollen an sich durch Bundeszuschüsse aufgefangen werden. Doch liegen
die Bundeszuschüsse darunter und soll das Defizit von über 600 Milliarden Euro
unter Berücksichtigung der Bundeszuschüsse bestehen (http://www.rentenreform-alternative.de/versichfremd.htm#5).
Als versicherungsfremde Leistungen werden jene
angesehen, die nicht oder nicht in vollem Umfang durch Beiträge der
Versicherten gedeckt sind. Dazu zählten z.B. Kriegsfolgelasten,
Kindererziehungszeiten, Auffüllbeträge für die Neuen Bundesländer,
Höherbewertung Berufsausbildung. Dabei geht es hier nicht um die Berechtigung
derartiger Zahlungen, sondern nur darum, dass solche Zahlungen nicht
systemimmanent sind. Werden dem Rentenversicherungsträger aber derartige Belastungen
auferlegt, muss auch gleichzeitig in entsprechender Höhe eine Zahlung aus dem
Bundeshaushalt an die Rentenversicherung zur Ausgleichung dieser zusätzlichen
Belastung erfolgen.
Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Beschluss
vom 28.10.1994 – 1 BvR 1498/94 – ausgeführt, dass ein Mitglied eines
öffentlich-rechtlichen Zwangsverbandes (wie hier der gesetzlichen
Rentenversicherung) keinen Anspruch auf generelle Unterlassung einer bestimmten
Verwendung öffentlich-rechtlicher Mittel hat. Damit kommt das Dilemma des
(Pflicht-) Beitragszahlers zur Rentenversicherung deutlich zum Ausdruck. Er ist
machtlos, wenn die Rentenversicherung vom Gesetzgeber mit Aufgaben (und damit
Ausgaben) versehen wird, die von den Beiträgen so nicht gedeckt sein können, eben
nicht systemimmanent sind.
Man sollte an sich von verantwortungsbewussten
Politikern erwarten, dass diese das Rentensystem analysieren und die Ausgaben
der Rentenversicherung systemgerecht kanalisieren. Der Beitrag sichert bei Außerachtlassung
versicherungsfremder Leistungen auch in Zukunft die Rente.
[Ralf Niehus]
[Ralf Niehus]
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