Mittwoch, 29. August 2012

Der Bürger als Zahlmeister einer verfehlten Energiepolitik

Foto: Jurec / pixelio.de


Der Sachverhalt ist zunächst recht einfach gelagert. Er wird mit Energiewende umschrieben. Weg vom Atomstrom, hin zu anderen (möglichst erneuerbaren) Energiequellen. Und da gibt es vieles, was einem einfällt. Angefangen bei Solar über kleine Heizkraftwerke für das autarke Haus bis bin zu den Windrädern (letztere nicht nur im Binnenland sondern auch auf Ost- und Nordsee).
 
Was sich am Anfang gut gestaltete, die Solaranlagen auf den Dächern, ist heute offenbar von der Politik nicht mehr gerne gesehen. Die Einspeispreise wurden immer weiter gesenkt. Aber gleichwohl geht die Rechnung noch auf: Sinken die Einspeispreise, sinken auch die Kosten der Anlagen, ein Beweis dafür, dass diese offenbar überteuert waren.
Gleichwohl ist die stattliche Förderung weder darauf noch auf die kleinen Heizkraftwerke ausgerichtet. Hier ist das Augenmerk auf die Windradanlagen gerichtet. Immer mehr stählerne und betongegossene Wälder erstrecken sich über das Land, und sollen sich nach der Vorstellung der Regierung auch auf dem Wasser breit machen.
Die Stahl- und Betonklötze stellen sicherlich keine Augenweide dar, weder auf Land noch auf See. Dass hier die Umwelt optisch ruiniert wird mag zunächst einmal ebenso unberücksichtigt bleiben wie der Umstand, dass nach Abnutzung dieser Stahl- und Betonkonstruktionen ein erhebliches Entsorgungsproblem auftritt, an welches bisher offenbar noch niemand zu denken wagt, ebenso wie die Auswirkung durch die Windräder erzeugten Luftströme auf die Umwelt selbst noch nicht geklärt ist.
Hier wird die Frage gestellt, welchen Sinn es macht, Energiekosten für Nicht-Energie zu zahlen. Nur um ein bestimmtes Projekt (Windkraftanlagen in Nord- und Ostsee) zu schaffen, soll auch bei Nichtlieferung von Strom eine Vergütung an den Betreiber erfolgen, die  - natürlich -  durch eine Abgabe der Stromverbraucher aufgebracht werden soll. Es hat sich bisher stets gezeigt, dass das Versprechen einer Zahlung ohne unbedingte Leistungspflicht nicht die Leistungsfähigkeit ankurbelt. Weshalb sollte ein Stromerzeuger alles tun und teuer investieren, wenn er doch seine Vergütung auch ohne Stromerzeugung erhält ? Dies unabhängig davon, dass er sich selbst an dem Stromausfall finanziell „beteiligen“ muss; dies ist  kein Problem bei einer vernünftigen Kosten-Wirtschaftslichkeitskalkulation.
Ohne weiteres geht die Politik den Weg der großen Energieversorger mit. Alle angedachten Maßnahmen sind darauf gerichtet, diesen den Weg für eine lukrative Zukunft zu bereiten. Sinnvoll könnte dies doch nur dann sein, wenn es keine vernünftigen Alternativen gäbe. Diese Alternativen gibt es aber. Es sind Insellösungen die den Vorteil haben, dass nicht der Zusammenbruch eines ganzen Netzes zum Stromausfall in größeren Regionen führt.
So ist die Solarenegie zu nennen. Solardächer können meist jedenfalls ein ganzes Haus mit der notwendigen Energie versorgen.  Ferner kleine Heizkraftwerke, die in Häusern eingebaut werden. Auch an die Entwicklung von kleinen, unscheinbaren Windrädern ist zu denken, die im Garten aufgestellt werden können und für den Energiebedarf des Hausbesitzers ausreichend sind.
Wieso wird nicht die Insellösung gefördert ?  Weshalb gehen die politischen Überlegungen wieder auf Netzlösungen ?  Diese Frage wurde bisher nicht beantwortet.  Die Antwort könnte auch nur sein, dass die großen Energieversorger geschützt werden sollen.
Für einen derartigen Schutz gibt es aber keine Begründung. Die einseitige Förderung von Windparkanlagen führt zu einer Wettbewerbsverzerrung. Der Energieversorger wird  -  und sei es nur durch einen Anspruch auf Vergütung für nicht lieferbaren Strom -  subvensioniert  und muss insoweit nicht mögliche Kosten bzw. ausbleibende Einnahmen nicht mit in die Kalkulation aufnehmen, weshalb mehr Spannbreite für die Gewinnmarge verbleibt. Gleichzeitig kann er den Abgabepreis so kalkulieren, dass für den Einzelnen der Anreiz für die Eigenversorgung entfällt. Damit aber werden die Hersteller der Aggregate getroffen, die für den Einzelversorger notwendig sind. Ist der Markt von Alternativeinrichtungen befreit, kann der Energieversorger seinen Abgabepreis gefahrlos erhöhen.
Es ist bedauerlich, dass die Politik sich derart einseitig ausgerichtet hat. Eine Ausrichtung zu Lasten des Verbrauchers.
Letztlich ist damit die Eigeninitiative des Verbrauchers gefragt. Er kann sich durch eine Insellösung lösen. Und er kann sich mit seinen Nachbarn zusammen tun um mit diesen zusammen eine Insellösung zu erstellen, bei der er letztlich autark bleibt und nicht Opfer einer subvensionierten fehlgeleiteten Energiepolitik wird.


[Ralf Niehus]

Sonntag, 5. August 2012

Montis Dämon

Demokratie setzt sich aus den griechischen Wörtern dĕmos für Volk und kratia für Herrschaft zusammen. Monti  scheint dies wohl anders zu übersetzen und nimmt statt dĕmos Demon (aus dem englischen für Dämon) und denkt dabei wohl an ein übernatürliches Wesen im Sinne von Hoblits Film „Trau keiner Seele“. Anders jedenfalls lässt sich sein Wunsch, die Regierungen unabhängiger von den nationalen Parlamenten zu machen (Focus-online vom 5.8.2012) nicht erklären.

Demokratie hat bei uns  - aber auch in Italien -  Verfassungsrang. Alle Staatsgewalt geht vom Volk aus, Art. 20 Abs. 2 GG. Es entscheidet  in freien Wahlen, hier zum Bundestag. Der Bundestag ist die Legislative, auf deren Grundlage die Bundesregierung als Exekutive ihre Tätigkeit ausrichten muss.
An diesem System der parlamentarischen Demokratie, welches auch für Italien gilt, will Monti rütteln. Dies angeblich um den Euro und damit Europa zu retten. Plumper lässt sich der (weitere) Rückzug demokratischer Grundsätze nicht begründen. Ist der demokratische Parlamentarismus ohnehin schon durch Normgebungen der EU jedenfalls angekratzt, insoweit der Bundestag (und alle Parlamente der EU) letztlich nur noch die Gebote der EU abnicken dürfen und müssen, ohne selbst Einfluss nehmen zu können, soll nunmehr nach der Vorstellung von Monti ein Teilbereich der gerade jüngst vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich bestätigten Entscheidungsbefugnis des Parlaments diesem zugunsten einer eigenständigen Handlung durch eine Regierung entzogen werden.
Art. 23 GG regelt die Mitwirkung der BRD bei der Entwicklung der Europäischen Union. Die Entwicklung muss nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG „demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen und dem Grundsatz der Subsidiarität“  entsprechen und zudem dem Grundrechtsschutz der deutschen Verfassung entsprechen. Gerade dieser Grundrechtsschutz und das politische System werden aber mit der Vorstellung von Monti ad absurdum geführt.
Es mag, gerade für hilfsbedürftige Länder wie jenes des Ministerpräsidenten Montis Italien, erschwerend sein, dass nicht die Regierungen alleine unter Ausschluss der Volksvertreter (Parlament) entscheiden können, wächst doch zunehmend nicht nur in Deutschland als Hauptgeber der Hilfsaktionen der Widerstand gegen ein Erhalten „koste es was es wolle“. Eine Europäische Union, die unter Aufgabe grundlegender demokratischer Prinzipien gekittet wird, wird weder eine notwendige Akzeptanz in der Bevölkerung haben noch für sich das Prädikat Demokratie in Anspruch nehmen können.
Es mehren sich gerade auch in Ansehung der Schieflage bei der Europäischen Union die Stimmen, die für Urabstimmungen plädieren, also für eine direkte Demokratie.  Eine entsprechende Änderung des Grundgesetzes würde sicherlich ein Mehr an Demokratie bedeuten, keinen von Monti angedachten Demokratieabbau. Unbeschadet eines Für und Wider der Urabstimmung durch die Wähler gilt aber auch in Bezug auf Montis Überlegung: Wehret den Anfängen. Es wurden schon viele Kompetenzen auf die Europäische Union verlagert, die dort einem demokratischen Prozess nicht mehr unterliegen. Wenn nunmehr unabhängig davon weitere Kompetenzen der Legislative an  die Exekutive übertragen werden, muss man sich die Frage stellen, wann ein solcher Trend enden soll. Weshalb nur in Bezug auf Entscheidungen über den Euro, über Europa ? Ausnahmegesetze, mit denen in die demokratische Grundordnung eingegriffen wird, sollten ein Tabuthema sein. Politiker, die sich dafür einsetzen, verlassen die demokratische Grundordnung. Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel.
Die europäische Idee ist vom Grundsatz her positiv. Sie bedeutet aber nicht, dass sie mit allen Mitteln durchgesetzt werden muss. Es ist ein Prozess, der sich entwickelt. Und für diesen Prozess ist das Volk mit einzubeziehen. Dass mit der Einführung des Euro ohne Sicherstellung einer europäischen Finanz- und Wirtschaftspolitik ein Fehler gemacht wurde, liegt heute auf der Hand. Der Dämon ist hier nicht im dĕmos zu suchen, sondern in einer eklatanten Fehlentscheidung der Politik. Dies lässt sich nicht dadurch korrigieren, dass das Volk ausgeklammert, die qua Verfassung vorgesehenen Entscheidungsgremien in ihren Rechten beschnitten werden. Ein Raus aus dem Euro, sogar ein Ende der EU wäre allemal besser als die Aufgabe der demokratischen Prinzipien der Gewaltenteilung. Wenn es Monti tatsächlich nur um den Euro, um Europa gehen würde, müsste er dies auch selbst erkennen. Ein vernünftiger Aufbau der EU mit demokratischer Grundordnung, wie sie auch in Art. 23 GG angesprochen ist, lässt sich verwirklichen, wenn auch derzeit  nicht mit allen jetzigen Mitgliedsstaaten.

[Ralf Niehus]