Zunächst schien es deutlich zu sein: Die SPD mit Frontmann Schulz abgeschlagen. Die CDU vorne, dann die Grünen mit Baerbock und hinten, noch gerade so im Blickwinkel und weiter verschwindend die SPD. Und dann kam ein Umbruch:
Baerbock hatte Leichen im Keller, und die Medien griffen diese auf: Ihre Lebensläufe. Und schon hieß es in gnädiger Abwandlung der Parship-Werbung: Alle 11 Minuten ändere ich meinen Lebenslauf - ich baerbocke. Der Abgang von Bearbock als mögliche ernsthafte Kanzleranwärterin wurde flankiert mit einem allmählichen Aufholen von SPD und Schulz. Keiner erinnert sich mehr bzw. erinnert an die Zeit von Schulz in der EU und dem Umgang mit Steuergeldern. Hier darf aber daran erinnert werden und auf den Stern verwiesen werden, der unter dem 20.04.2017 titelte „Umgang mit EU-Geldern – Martin Schulz und das versprochene Versprechen“ und u.a. ausführte : „Doch jetzt gibt es einen Fall, in dem Schulz nicht einlöst, was er versprochen hat. Es geht um die Arbeit eines langjährigen Mitarbeiters des damaligen EU-Parlamentspräsidenten – und um mögliche Unregelmäßigkeiten mit EU-Geldern. Vor zwei Jahren hatte Schulz versprochen, diese Vorwürfe untersuchen zu lassen und die Ergebnisse dann zu veröffentlichen. Inzwischen sind die Untersuchungen abgeschlossen. Sie bleiben dennoch unter Verschluss. Schulz lässt auf Anfrage des stern verbreiten, er sei da machtlos. Ihm lägen die Berichte nicht vor. Und er sei ja "nicht mehr Präsident" des EU-Parlaments.“ (https://www.stern.de/politik/deutschland/martin-schulz--erneuter-verdacht-ueber-unregelmaessigkeiten-im-umgang-mit-eu-geldern-7416550.html).
Während Baerbock mithin baerbockte bestach Armin Laschet durch seine brilliante Art des Lachens - zum falschen Zeitpunkt. Es konnte nicht gut ankommen, wenn angesichts des ohnehin mehr als lauen Wahlkampfes anlässlich der Flutkatastrophen der Spitzenkandidat der CDU sich von der humoristischen Seite zeigte und seither auch wohl stets auf der Suche nach einem weiteren Stolperstein ist. Da die Wähler wohl nicht weiter barebocken wollten, mithin die sich selbst bereits als Merkel-Nachfolgerin sehende Spitzenkandidatin der Grünen in der Wählergunst stetig verlor, sich die lange Zeit stärkste Partei anfing sich selbst angesichts der Fehltritte ihres Spitzenmanns selbst zu zerfleischen und bereits die Messer für die interne Auseinandersetzung nach der (wohl für verloren angesehene) Wahl wetzte, konnte der Fuchs bei der SPD langsam aber stetig durch Nichtstun und zusehen seine und seiner Partei Position positiv beflügeln. Ihm kommt zugute, dass niemand - warum auch immer - an seine nicht ruhmreiche Vergangenheit in der EU und die dort hinterlassenen Fragen erinnert. Vergessen und vorbei (oder: der Wille der Medien, ihn zu küren ?).
Sei es drum. Die Konstellation ist eindeutig. Die SPD hat die besten Chancen, den künftigen Kanzler zu stellen. Die SPD mit Schulz liegt mit 25% in Führung, (noch) gefolgt von der CDU/CSU mit 22%; die Grünen mit Baerbock abgeschlagen für die Führungskraft einer Regierung auf 17% (ZDF-Politbarometer, https://www.zdf.de/politik/politbarometer). Die SPD hat damit verschiedene Möglichkeiten einer Koalitionsbildung, so u.a. rot-rot-grün (mit 46%, was bereits die absolute Mandatsmehrheit bedeuten könnte). Ob die FDP (11%), bei der Ungewissheit besteht, ob sie nicht ein Bündnis SPD/Grüne, evtl. auch rot-rot-grün stützen würde, könnte hier Steigbügelhalter für Schulz sein.
Dieses Szenario könnte aber das Wahlverhalten noch beeinflussen – trotz Laschet. AfD-Wähler (11%) könnten sich Gegenwehr doch CDU/CSU wählen und auch FDP-Wähler könnten zur Verhindern einer Linksregierung CDU/CSU wählen. Dann aber wäre die CDU/CSU die stärkste Partei – es stellt sich nur die Frage, welchen Koalitionspartner sie finden kann. Denn eines scheint klar: Keine Partei wird alleine über eine Mandatsmehrheit verfügen. Die Gefahr einer Linksregierung mit erheblichen Erhöhungen der Mineralölsteuer, Tempolimit auf Autobahnen, Steuererhöhungen nicht nur für wenige „Großverdiener“, verschärfte Umweltschutzauflagen mit erhöhten Kosten für alle Bevölkerungsteile, Mietendeckel (mit dem Blick auf Zustände von heruntergekommenen Mietshäusern in der ehemaligen DDR mangels Investitionsbereitschaft) und einer evtl. gar damit einhergehenden Sozialisierung könnten abschreckend wirken, zumal auch Kleinsparer zwischenzeitlich merken, dass die Wirtschafts- und Finanzpolitik ihre geringen Vermögen dank einer stetig anwachsenden Inflation (bedingt insbesondere durch Steuern und öffentliche Abgaben) und der Null-Zins-Politik der EZB (bei der erfolgreich eine deutsche EZB-Präsidentschaft, die zuletzt angestanden hätte, und damit eine für die ehemalige Währungsbank Deutschlands, der Deutschen Bundesbank, bekannte Politik verhindert wurde) an ihnen nicht spurlos vorbeigehen.Der Ausgang der Wahlen ist mithin trotz Stimmungshoch für
die SPD und Stimmungstief für die CDU/CSU – und wohl auch gerade deshalb –
offen.