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Der dem rechten Flügel der SPD zugeordnete und
sichtlich sich dem linken Flügel anbiedernde Kandidat Steinbrück hatte weder in
der Vergangenheit finanzpolitische Kompetenz zu erkennen gegeben, noch lassen
seine jetzigen Ausführungen zur Euro-Krise und zur Steuer darauf schließen.
Steinbrück, Jahrgang 1947, Studium der
Volkswirtschaft und Sozialwissenschaft [1],
war Finanzminister, später Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen und von
2005 bis 2009 Bundesminister der Finanzen. Das sind die nüchternen Daten, zu
denen sich noch gesellt, dass er nach seinem Lebenslauf nie in der freien
Wirtschaft tätig war, will man nicht seine Angabe „Werkvertrag mit dem
Bundesbauministerium (Raumordnung und Regionalplanung)“[2]
für 1074 bis 1976 (direkt nach dem Studium) dort einordnen.
In seine Zeit als Bundesfinanzminister fiel die
Lehmann-Pleite. Hier waren es Steinbrück und Merkel, die mangels eigener
finanzpolitischer Fähigkeiten und mangels fachlicher Beratung die ersten
gravierenden Fehlentscheidungen trafen, als sie auf dem ersten EU-Gipfel nach
der Pleite darauf drangen, jedes Land müsse einen eigenen Schutzschirm über
sein Banksystem spannen [3].
Dass damit Länder, deren Haushalte ausgeglichen waren, überfordert werden
könnten, wurde nicht bedacht, ebenso wenig die möglichen globalen Folgen.
Europäische Hilfe qua europäischer Lösungen wurden von Steinbrück damals
abgelehnt. Damit aber entsprach er in seiner Aussage auch dem EU-Vertrag,
wonach (immer noch nach dem Vertragswortlaut) jeder Staat für seine Finanzen
und Wirtschaft selbst verantwortlich ist.
All das, was damals von ihm bekundet wurde, soll
nun aber nicht mehr gelten. Selbst den Griechen will er, weitergehend als Merkel,
Hilfe gewähren. Selbst Euro-Bonds steht er positiv gegenüber, einem
Finanzinstrument, welches eine gesamtschuldnerische Haftung aller beteiligten
Staaten begründen würde. Finanzstrake Staaten würden damit entgegen dem
EU-Vertrag für finanzschwache Staaten haften [4].
Ob mit derartigen Überlegungen Wählerstimmen
gewonnen werden können darf als zweifelhaft angesehen werden. Aber vielleicht
hofft Steinbrück auch darauf, dass sich das Problem Griechenland bis zur
Bundestagswahl selbst erledigt hat, er dann aber außenpolitisch als „nicht
verantwortlich“ angesehen wird. Selbst wenn diese Rechnung aufgehen sollte,
verkennt Steinbrück, dass Griechenland nicht das einzige Land mit
entsprechenden Problemen ist - Spanien kommt unweigerlich [5].
Und bei anderen Staaten (man denke an Portugal, Italien) sieht es nicht besser
aus. Es ist ein Fass ohne Boden, der mir Euro-Bonds geöffnet würde. Statt einen
Schnitt zu wagen, würde der finanz-desaströse Alptraum seine Fortsetzung
erhalten, der Scherbenhaufen am Schluss nicht mehr zu bewältigen sein.
Sowohl dieser Umstand wird von dem
Kanzlerkandidaten verkannt wie auch seine steuerpolitische Überlegung der
Vermögenssteuer. Sicherlich wird man in Bezug auf die Vermögenssteuer dem
Kandidaten einen geschickten Schachzug zur Gewinnung von Wählerstimmen nicht
absprechen können. Vermögensungleichheit wurde gerade in letzter Zeit publiziert
[6],
wenn dabei auch nicht berücksichtigt wurde, dass insgesamt das Vermögen und
insbesondere auch das Einkommen stieg und die Einkommenserhöhung auch jene
Schichten betraf, die danach nicht an dem absoluten Vermögen teilhaben. Die
Angaben [7]
beruhen auf dem sozio-ökonomischen Panel, bei dem der DIW seit 1984 12000 stets
gleiche Personen befragt[8].
Die Stimmigkeit mag hier insbesondere auf eine Repräsentativität auf sich
beruhen, da entscheidend der öffentlichkeitswirksame Charakter ist. Genau
diesen will sich aber Steinbrück bei seiner Forderung der Vermögenssteuer
nutzbar machen.
Erwartet werden 11,5 Milliarden Euro [9].
Die Kosten müssen noch abgezogen werden, so die Kosten für die Ermittlung der
Werte (so z.B. Grundstückswerte). Da aufgrund der bisherigen Vorstellungen zur
Vermögenssteuer nur etwa 150.000 Steuerbürger betroffen wären, soll die Steuer
mit 1% des Vermögens auch relativ hoch angesetzt werden [10].
Dass es sich unter Berücksichtigung der Kosten von rund 20% [11]
bei einem Bundeshaushalt, der Ausgaben von über 300 Milliarden Euro vorsieht [12],
letztlich nur um knapp 3,5% des Bundeshaushalts handelt, um verschwindend
geringe Einnahmen handelt, wird gerne übergangen (die Kosten-Nutzen-Relation
bleibt hier wie häufig außer Ansatz). Entscheidender dürfte aber sein, dass
sich sicherlich ein Großteil der Steuer betroffenen überlegen wird, dieser
Steuer zu entgehen. Nicht per Schwarzgeldkonten im Ausland, sondern legal. Eine
Überlegung wäre der Umzug ins Ausland. Mit Wohnsitzaufgabe in Deutschland
bliebe der Steuerpflichtige nur noch geraume Zeit beschränkt steuerpflichtig,
und auch nur noch mit seinen Einkünften
in Deutschland und evtl. Vermögen in Deutschland. Das Weltprinzip des deutschen
Steuerrechts würde ihn nicht treffen. Frankreich macht es gerade vor [13].
Steinbrück betreibt Populismus. Es ist keine - gar gelungene - finanzpolitische Überlegung, Griechenland
längere Zeit zu gewähren, einen Euro-Bonds oder die Vermögenssteuer
einzuführen. Mit dem Neid-Thema Vermögen versucht er sichtlich und unabhängig
auch von einer (verfassungsrechtlich eventuell gedeckten) Durchführbarkeit
einer Vermögenssteuer [14]
Wählerstimmen zu gewinnen.
Der Kandidat beweist kein finanzpolitisches Talent.
Er hatte nicht nur im Zusammenhang mit der Lehmann-Krise als
Bundesfinanzminister versagt. Vielmehr belegen seine jetzigen Ausführungen
allenfalls populistische Züge des Kandidaten, nicht aber ein wirtschafts- und
finanzpolitisches Verständnis. Keine seiner Aussagen sind geeignet, in der
gegenwärtigen Krise, die auch Deutschland erreicht hat, Ansätze für eine Lösung
vorzuzeigen. Er zeigt kein Charisma und auch keine Visionen. Sein Verständnis
scheint auf wahlkampftaktische Überlegungen geschrumpft, deren Realitätssinn
oder gar Sinnhaftigkeit er wohl nicht einmal bereit ist zu überdenken. Damit
stellt er sich als eine tragische Figur im Kampf der SPD um die
Regierungsübernahme dar. Denn unabhängig davon, ob das Kalkül der Art des
Wählerstimmfangs aufgeht, machen seine Ausführungen mehr als deutlich, dass es
ihm an der notwendigen Befähigung fehlt, einen Staat wie Deutschland in der
Krise zu führen.
Ralf Niehus, Mitglied im DVPJ
[2] Wie Fn.
1
[4] Jan
Philipp Brosius: „Die Rechtmäßigkeit bilateraler Rettungskredite“. Info-Point Europa,
Hamburg, Beitrag 06/2010
[6] Joachim
R. Frick und Markus M. Grabka: Gestiegene Vermögensungleichheit in Deutschland.
In: Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 4/2009, S. 59.
[10] wie Fn.
9
[11] wie Fn.
9
[14] BVerfGE
93, 121-165 zur Nichtigkeit des damaligen Vermögenssteuergesetzes = http://lexetius.com/2001/8/224
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