Pakistan wird vom Bundesministerium für
wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) als ein Partnerland der ersten Stunde
bezeichnet, welches seit 1961 2,3 Mrd. Euro an Entwicklungshilfe erhielt [1]. Ob die Entwicklungshilfe jeweils positiv
eingesetzt oder genutzt wurde[2],
mag hier auf sich beruhen. Gedanken muss sich jedoch Deutschland machen, welche
Ziele es mit Entwicklungshilfe anstrebt und insbesondere, ob nicht auch eigene
Interessen und Interessen der liberalen,
auf freiheitlichen Grundordnungen aufgebauten Gemeinschaften negativ tangiert
werden.
Das Mohammed-Video stellt sich derzeit als willkommener Anlass dar,
gegen die von uns gepriesene freiheitliche Grundordnung vorzugehen.
Ausschreitungen, wie z.B. in Pakistan[3],
sind keine Ausnahme.
Verständnis für dieses Gebaren kann eine
Gesellschaft, in der wir hier leben, nicht aufbringen - und
darf sie nicht aufbringen. Wir leben in
einer Zeit (nach) der Aufklärung, der Liberalisierung des Lebens. „Historisch versteht man darunter vor
allem politische, wissenschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen in
Europa und Nordamerika seit den Religionskriegen, deren Errungenschaften
bereits im 18. Jahrhundert als epochal gewürdigt wurden – man sprach und spricht
in verschiedenen Bereichen der Geschichtsschreibung von einem Zeitalter der
Aufklärung. Einschlägig im deutschen Kulturraum ist die Begriffsbestimmung:
„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten
Unmündigkeit.“– Immanuel Kant: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?
(1784).“[4]
Was hier in muslimischen Ländern demonstriert wird,
ist das Gegenteil. Es ist die Rückkehr in die Zeit vor der Aufklärung. Dabei
kommt es nicht darauf an, ob nun eine Mohammed-Karikatur oder eine
Mohammed-Video für sich den Anspruch auf eine bestimmte künstlerische Qualität
beanspruchen kann. Es geht um das Recht der freien Meinungsäußerung und das
Recht auf Religionsfreiheit. Beides stellt sich nicht als Gegensatz dar sondern
muss in Koexistenz bestehen.
Man überlege sich, der Papst hätte nach der ihn
diskriminierenden Zeichnung in der Zeitschrift Titanic nicht lediglich
rechtliche Schritte erwogen[5]
sondern zur Tötung der Mitarbeiter der Titanic aufgefordert. Die bekannte
Mohammed-Karikatur führte zur Aufforderung der Ermordung des Karikaturisten[6];
in der westlichen Welt sah man sich zu Entschuldigungen veranlasst (wofür ?
Dafür dass wir in einer aufgeklärten Welt mit Meinungs- und Kunstfreiheit leben
?).
Der Eisenbahnminister von Pakistan hat ein Kopfgeld
von US-$ 100.000,00 auf den Macher des Mohammed-Videos ausgesetzt[7];
auch wenn sich die Regierung (formal) davon distanzierte, folgten auf dieses
Mordaufforderung durch einen Minister keine Konsequenzen[8]. Der pakistanische Ministerpräsident selbst
verurteilte den angeblichen Angriff auf 1,5 Mrd. Muslime[9].
Wer verurteilt die Angriffe auf Christen in
moslemischen Ländern[10]
? Hier gilt wohl das Motto „Schweigen ist Silber“, an Gold will niemand.
Kann es ratsam sein, Entwicklungshilfe an Länder zu
geben, die sich durch Intoleranz auszeichnen ? Warum sollen Staaten unterstützt
werden, in denen diese Intoleranz gar von staatlichen Vertretern nicht nur
geduldet, sondern wie im Fall von Pakistan gar gefördert wird ?
Die Vorstellung, durch Entwicklungshilfe u.ä. eine
Radikalisierung gegen westliche Errungenschaften wie Aufklärung entgegenwirken
zu können, ist - wie die zunehmende
Radikalisierung zeigt - falsch. Vielmehr
wird das das System genutzt, um es auszuhebeln (Hassprediger in Deutschland, denen
gar Asyl gewährt wird und die hier vom Staat unterstützt werden[11]. Auch bezogen auf Länder wie Pakistan wird
aber auch deutlich, dass die diesen Ländern gewährte Hilfe zwar angenommen
wird, gleichwohl aber Hass gegen den Helfer erzeugt wird.
Der Glaube, durch Hilfeleistung an Staaten könnte
dort die Entwicklung auch im Sinne der Förderung einer freiheitlichen und
toleranten Gesellschaft wirken, ist offenkundig falsch. Damit aber ist vom
Grundsatz die Entwicklungshilfe zu überdenken. Förderung an Staaten, in denen
offen (wie im Falle Pakistan) das freiheitliche / liberale System attackiert
wird, in denen - gar mit staatlicher
Billigung, wenn nicht Unterstützung -
zum Kampf durch Mordaufforderungen u.ä. eine Unterdrückung auch
außerhalb des eigenen Landes herbeigeführt werden soll, ist mit den Idealen der
westlichen Welt nicht vereinbar. Die Zeit der Religionskriege haben wir
überwunden. Die Ideen von Kant, Voltaire u.a. haben sich durchgesetzt. Soll
dies nun alles vergessen werden und soll alles wegen eines „Beleidigtsein“
wegen Karikaturen oder Videos zurückgedreht werden ? Eine Entschuldigung der
Politik wegen Karikaturen und/oder Videos, die evtl. verletzend für andere sein
können, verbietet sich; hier wäre
allenfalls der normale Rechtsweg eröffnet.
Die wehrhafte / streitbare Demokratie verträgt
keine Politik der Verzagtheit, wenn es um deren grundlegenden Werte geht.
Politiker die meinen, wegen Drohungen aus muslimischen Ländern oder Gremien
einknicken zu müssen, verkennen dies offenbar. Offensives Vorgehen ist
gefordert. Dies kann und muss auch in der Entwicklungspolitik Berücksichtigung
finden. Es gibt keinen Grund Länder qua Entwicklungshilfe zu fördern, die das
hiesige System der Liberalität vernichten wollen. Nichts anderes ist aber das
Verlangen, den Islam in keiner Art und Weise in die politische, literarische
oder auch satirische Auseinandersetzung einzubeziehen. Und mögliche
gesetzeswidrige Handlungen sind mit den Mitteln des Rechtsstaates, nicht mit
Mitteln der Demagogie zu bekämpfen.
Ralf Niehus, Mitglied im DVPJ