Das las ich in Spiegel-Online vom 3.12.2011:
„Auf eine Kernforderung legten sich die Piraten am Samstag fest, nämlich auf die nach einem bedingungslosen Grundeinkommen. Mit dem "Recht auf sichere Existenz und Teilhabe" und einer Absage gegen den "Zwang auf Arbeit" wollen die Piraten 2013 in den Bundestagswahlkampf ziehen. Die junge Partei, die sich selbst weder rechtskonservativ noch links, sondern "vorne" sieht, rückt damit einen deutlichen Schritt in Richtung links. Die Entscheidung war knapp: Die nötige Zweidrittelmehrheit wurde um nur acht Stimmen übertroffen.“
Ich sitze hier in meinem Büro, habe gerade noch die letzten Akten für heute bearbeitet, und schaute mir im Internet die Seite an, die gemeinhin Politik enthält. Und just dort musste ich auf diesen Artikel stoßen. Nicht so sehr, dass die Headline „Piraten starten Angriff von Links“ lautete - das hatte mich nur bei dieser Gruppierung neugierig gemacht. Immerhin gestand sie doch nach den Senatswahlen in Berlin zu, keine Konzepte für eine Finanzierung ihrer Vorstellungen zu haben. Aber mit einer derartigen Aussage hatte ich nicht gerechnet. Zusammengefasst:
- Ich bekomme auf jeden Fall Geld.
- Und ich bin nicht verpflichtet zu arbeiten.
So frage ich mich nun, warum arbeite ich überhaupt, wenn es doch nach der Vorstellung Einiger möglich sein soll, alles auch ohne Arbeit zu finanzieren. Oder gehen die Urheber dieses Gedankenganges davon aus, dass es immer noch einige ( Dumme ?) geben wird, die sich in Arbeit stürzen, die damit „Geld verdienen“ und denen man kräftig qua Steuern davon wieder abnehmen kann.
Die Gedankengänge ähneln dem Witz „Atomkraft ? Nein ! Ich bekomme meinen Strom aus der Steckdose.“ Dass zwar aus der Steckdose auch Strom alternativer Energiequellen kommen kann und (glücklicherweise) immer mehr kommt, ist dabei noch der Vorteil gegenüber den Aussagen der Piraten. Denn diese meinen eventuell, dass das Geld von den Unternehmen kommt, ohne zu bedenken, dass jedes Unternehmen bei aller technischer Innovation noch auf menschliche Mitarbeiter angewiesen ist.
Aber so träumt wohl jeder seinen Traum. Es kommt nicht darauf an, ob der Traum des Nachts im Schlaf geträumt wird, auch Tagträume sind wohl in. Und man redet wohl auch gerne über sie. Immerhin ist die Überlegung schon weitergehend als bei Karl Marx. Während dieser im Kapital die These aufstellte, jeder wüsste wie viel und was er arbeiten kann und muss um zum gemeinsamen Wohl beizusteuern, also von der Notwendigkeit der Arbeit als freiwillig und gerne ausgeübte Tätigkeit ausging, setzen nun die Piraten auf die tunliche Untätigkeit. Man könnte zwar glauben, sie haben die fehlende Realisierungsmöglichkeit des Marx´schen Konzepts im Hinblick auf die menschliche Psyche erkannt; doch dürfte weder die von ihnen jetzt angedachte „erweiternde Alternative“ eine wie auch immer geartete Realitätschance haben, noch kann man ob der Träumerei davon ausgehen, dass derart weitgreifende soziologische oder phylosophische Überlegungen angestellt wurden.
Wir hatten vor Jahren schon einmal eine Partei, die mit einem Spaßmobil glaubte, Wahlkampf machen zu können. Oder wollen die Piraten eben jener Partei im Hinblick auf (unhaltbare) Wahlversprechen nacheifern, die diese Partei ins Nirgends schickte ?
Ich werde morgen, obwohl Sonntag , wieder hier am Schreibtisch sitzen, da ich nicht alle Fristen abgearbeitet habe. Und ich werde - süß-sauer - an den Beschluss der Piraten denken. Vielleicht sende ich denen meine Konto-Nummer und garantiere, dass bei Zahlung ich sämtliche Tätigkeiten zur Einkunftserzielung einstelle. Nun ja - jeder darf mal kurz träumen…..
[Ralf Niehus]
[Ralf Niehus]